Pogromstimmung in Kleinstadt
Von Carmela Negrete
Auch am Sonntag gab es im 40.000-Einwohner-Städtchen Torre-Pacheco bei Murcia in Südostspanien rassistische Angriffe. Unbekannte attackierten ein Kebabrestaurant. Seit Freitag hatten sie Jagd auf Migranten gemacht und dabei fünf Menschen schwer verletzt. Bewaffnet mit Stangen, prügelten vor allem Neonazis, die aus anderen Regionen gekommen waren, auf Menschen ein, die sie für Migranten hielten, erklärte der Bürgermeister der Ortschaft gegenüber dem Fernsehsender TVE. »Spanien, einig, groß und frei!« skandierte der Mob. Die Nazis waren vermummt und zeigten den faschistischen Gruß.
Als Zündfunke für die Entfesselung des rassistischen Mobs diente, dass drei Jugendliche aus Marokko einen Rentner krankenhausreif geprügelt hatten. Offenbar handelte es sich dabei um ein sogenanntes Happy Slapping, das darin besteht, Unbekannte anzugreifen und dabei zu filmen. Diese »Online-Challenge« stammt aus Großbritannien und ist nicht spezifisch für Marokkaner oder irgendwelche anderen Menschen, die aus dem Ausland nach Spanien gekommen sind. Doch seit Jahren schüren Ultrarechte den Hass gegen sie.
Wenn Rechte von Arbeitern anderer Nationalität beschnitten werden, ja selbst wenn Spanier gegen Frauen brutale sexualisierte Gewalt anwenden, wie das zuhauf vorkommt, bleibt Empörung allerdings zumeist aus. Auf X erinnerte die Sektion der Gewerkschaft CNT in Cartagena daran, dass in der Region 20.000 Menschen ohne spanische Pässe arbeiten, die strukturell ausgebeutet werden. Seit Januar seien allein »32 Frauen, die sexuell ausgebeutet wurden, sowie weitere fünf, die zur Arbeit gezwungen wurden, befreit worden«.
Der Generalkoordinator der mitregierenden Vereinigten Linken (IU), Antonio Maíllo, erklärte am Sonntag auf X: »Was wir heute abend in Torre-Pacheco erlebt haben, ist kein Zufall, sondern das Ergebnis des Hasses, den Vox schürt und den der PP, mit dem sie in der Region Murcia gemeinsam Haushalte durchgebracht hat, duldet.«
Die rassistische Vox hatte vor einem Jahr die Koalitionsregierung in der Region verlassen, weil sie nicht mit der Aufnahme geflüchteter unbegleiteter Kinder einverstanden war. Darüber hatte der PP mit den in Spanien regierenden Sozialdemokraten des PSOE eine Vereinbarung getroffen. Als Reaktion auf die Pogromstimmung forderte die Oppositionspartei Podemos eine sofortige Einbürgerung aller Migranten, die in Spanien leben. »Wir müssen den rassistischen Diskurs in den Medien abbremsen«, sagte die Podemos-Abgeordnete Irene Montero in einem Video in den sozialen Netzwerken. »Wir müssen das Land mit Zähnen und Klauen vor den Rassisten verteidigen, die unseren Nachbarinnen sagen wollen, dass sie nicht hierhin gehören«, sagte auch Podemos-Generalsekretärin Ione Belarra bei einem Treffen der Partei am Sonnabend. »Wir wissen, wer unser Gegner ist: die Wirtschaftseliten und die Heuschreckenfonds aus den USA, die die Arbeiterklasse beklauen und ausbeuten.«
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