Karamell im Salz
Von Frank Schwarzberg
»I’ve never been much good at getting up in the morning«, singt Peter Bruntnell in dem Song »Out of the Pines«. Aber es geht ja erst Freitag nachmittag zum Static Roots Festival nach Oberhausen. Die Bahn ist voll, Iron Maiden spielen in Gelsenkirchen, wir sind k. o.
Apropos: In Oberhausen spielen einige Bands, die bereits am Vorabend in London aufgetreten sind. Zahlreiche Besucher sind aus Irland, Großbritannien, den Niederlanden angereist. Wie jedes Jahr. So auch Jeff Robson, bekannter Radio-DJ und Podcaster; er kommt extra aus dem kanadischen Winnipeg. Muss wohl mit dem Veranstalter zu tun haben.
Dietmar Leibecke – im Hauptberuf macht er was mit IT – organisierte längere Zeit Hauskonzerte in Mülheim an der Ruhr. 2016 lud er ein paar Lieblingsbands mehr ein. Die Sause verselbständigte sich, mit dem Zentrum Altenberg auf dem Gelände einer ehemaligen Zinkfabrik war der ideale Ort für ein in Deutschland einmaliges Nischenfestival gefunden. Und so kommen seit 2017 immer im Juli Americana- oder Rootsmusikfans über den kleinen und großen Teich nach Oberhausen, »to Dietmar«.
Für The Southern Fold aus Irland sind wir leider zu spät dran. Der zweite Act, die Country-Band Todd Day Wait, ist, nun ja, ganz nett. Am besten sind sie, wenn Todd croont wie Nick Lowe, etwa in der wundervollen Ballade »Who’s that Fella«. Den Rausschmeißer machen die angesagten kanadischen Bywater Call, da ist es 22 Uhr. Die zwei Auftritte vorher gefallen mir besser. Da ist also Bobbie, eine französische Sängerin mit nuanciert agierender Band, deren Country-Folkpop durch ihre Stimme regelrecht erstrahlt. Charisma, Soul, Charme. Bobbie hat von allem reichlich.
Einfach nur gut, im Grunde ganz ohne Show, sind Peter Bruntnell und seine souverän eingespielte Band. Die Gitarren satt, dreckig, geerdet, die Texte messerscharf. Bruntnells Gesang ein sanfter, unangestrengter Bariton, das Karamell im Salz. Beiläufig gekonnt das alles, aber mit Wumms. Ein verkannter Star, der Mann.
Auf dem Rückweg, in Gelsenkirchen, füllt sich die Bahn abermals. Wir träumen uns mit Peter Bruntnell an den Ozean. Haben Bobbies »You will shine!« im Ohr. Und geben Jeff Robson recht, der Festival und Atmosphäre in seinem Podcast »eine utopische Situation« nennt: »It’s a utopian situation. If you don’t believe me, come see for yourself sometime!«
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