Aus Leserbriefen an die Redaktion

Wegen Armut in den Krieg
Zu jW vom 5./6.7.: »Totale Militarisierung«
Unternehmer sauer, Verbraucher enttäuscht, Rentner und Arme tot. So könnte die kurze Formel lauten. Im Supermarkt treffe ich immer mehr Menschen, die mehrmals am Tag »einige Grad weniger« suchen und ruhelos vor Kühlregalen flanieren, weil Strom (in der eigenen Wohnung) für den Ventilator unbezahlbar ist, und sie ohnehin aus dem Grundtarif der teuersten »Grundversorger« nicht herauskommen. Wieder schürt die CDU-SPD-Kriegskoalition richtig Angst im Volk. Nicht nur vor den Russen. Auch vor den unbezahlbaren Stromrechnungen. Vor den Russen, die von Litauen bis Portugal alles überfallen wollen? Nun, die werden in Rückschau auf die damalige Besatzungszone in der DDR weitaus klügere Gedanken haben als ganz Europa zu besetzen. Dazu wäre dauerhaft viel zu viel Personal nötig. (…)
Vor Ort fährt in diesen Tagen der örtliche Bestatter täglich aus. Vor wenigen Jahren war das deutlich weniger. Keiner spricht über »Hitzetod«, eher über Herz-Kreislauf-Versagen. Hört sich in einer von Tourismus geprägten Region besser an als Wüstentodeszone Bodenseekreis. (…) Allen, die gelegentlich ein Fürst-Pückler-Eis wollen, steht der Weg zur Bundeswehr offen. Ausreichend Soldaten wird es erst geben, wenn große Teile der Bevölkerung ins Elend gestürzt sind.
Peter Groß, per E-Mail
»Keine Wohltat des Staates«
Zu jW vom 9.7.: »Perspektive Altersarmut«
Diese Bundesregierung gibt den älteren Menschen ein Gefühl – ihr seid nutzlos, kostet nur Geld, welches wir lieber in die Rüstung stecken würden. Es ist so beschämend für eines der reichsten Länder der Welt. Offensichtlich gilt der Artikel 1 des Grundgesetzes dieser Regierung nichts mehr. Menschen, die es sich nicht einmal mehr leisten können, ihr tägliches Brot zu sich zu nehmen, die sich den letzten Bissen für die Kinder vom Mund absparen. Wie lange wollen wir es uns noch gefallen lassen, dass hunderte Milliarden für Rüstung ausgegeben werden, aber ältere Menschen Flaschen sammeln gehen müssen, oder anders gesagt, in purer Existenzangst leben? Menschen, die ihr Leben lang aufs Alter hingearbeitet haben und in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Denn die Rente ist keine Wohltat des Staates, es ist der Zugriff dieser Menschen auf ein lange angespartes Guthaben. Das sollte man nie vergessen! Der Staat sieht es jedoch als »sein« Geld an, will es hochriskant zumindest zum Teil an die Börse bringen. Doch was passiert damit, wenn es solche Situationen an den Finanzmärkten gibt wie 2009/2010? Dann ist das Geld einfach mal weg. Und es ist genauso verpulvert wie das Geld, welches Herr Spahn für sinnlose und überteuerte Maskenkäufe zweckentfremdet hat, es ist genauso weg wie das Geld, welches in horrende Militäretats gesteckt wird, es ist genauso weg wie das Geld, welches in Subventionen gesteckt wird wie das Dienstwagenprivileg. Und es ist genauso weg wie das Geld, was der Steuerzahler für den Schuldendienst für diese riesigen »Sondervermögen« aufbringen muss. Und wer marschiert bei diesem Raubzug gegen den kleinen Mann und die kleine Frau in der ersten Reihe? Die Sozialdemokratie! Bebel, Liebknecht und die anderen Gründerväter dieser Partei drehen sich im Grabe um.
Andreas Eichner, Schönefeld
Kein Bezug zur Wirklichkeit
Zu jW vom 4.7.: »Dialog in kritischer Phase«
Wie kommt es, dass es innerhalb der kurdischen Bewegungen keine kritische Debatte zu Öcalans Vorgehen gibt? Er spricht und alle folgen. Dabei hat Öcalan durch seine Isolation seit Jahren keinen realen Bezug zur Wirklichkeit und dem Kräfteverhältnis im türkischen Krieg gegen die KurdInnen. Die Geschichte – auch die kurdische – hat gezeigt, dass eine einseitige Waffenniederlegung ohne konkrete Zusagen und Zugeständnisse des Gegners verhängnisvoll ist.
Martin Mandl, Paris
Nebelmonat
Zu jW vom 7.7.: »Diktaturgegner des Tages: Elon Musk«
Es soll also zwei Parteien für das Lumpenproletariat geben? Steht der achtzehnte Brumaire zum zweiten Mal bevor, in Washington?
Heinrich Hopfmüller, Stadum
The Old Bill
Zu jW vom 7.7.: »Diktaturgegner des Tages: Elon Musk«
Aber Trump wäre nicht Trump, würde er diesem pubertären Größenwahn seines pathologischen Counterparts einfach tatenlos zusehen; sondern er wird in den präventiven Gegenangriff übergehen. Er wird das Hightechimperium des Südafrikaners als im nationalen America-First-Interesse liegend einfach enteignen und diesen als Persona non grata aus God’s own Country (also ausschließlich Trump-Land) rausschmeißen lassen. Irgend so eine vergilbte Beautiful Old Bill aus fernen Wildwest-Eisenbahn-Pionier-Zeiten wird sich ja wohl noch irgendwo auftreiben und als vermeintliche juristische Legitimation nutzbar machen lassen.
Reinhard Hopp, Berlin
Expansion der Scheusale
Zu jW vom 5./6.7.: »›Kainsmal der Eroberer‹«
Herzlichen Dank an Ingar Solty für diesen Rückblick in eine heute weitgehend verschwiegene Zeit der Expansion dessen, woraus sich das Deutsche Reich entwickelte. Wem in der Bundesrepublik Deutschland ist wohl bewusst, wie brutal, mit Feuer, Schwert, Blut und Tränen vor Jahrhunderten das entstand, worauf wir heute so unendlich stolz sein sollen? Ich erinnere mich, dass die verheerenden Ostexpansionen des Deutschrittertums in unserem Geschichtsunterricht eine gewichtige Rolle gespielt haben. Allerdings war das eben in den 60er Jahren in der DDR. Die Frage, die damals dahinter stand, war die, ob es Geschehnisse in der Entwicklung eines Nationalstaates gibt, auf die man nicht mit Verehrung, sondern mit Abscheu zurückblicken muss. (…)
Joachim Seider, Berlin
Es soll also zwei Parteien für das Lumpenproletariat geben? Steht der achtzehnte Brumaire zum zweiten Mal bevor, in Washington?
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