Gegründet 1947 Sa. / So., 12. / 13. Juli 2025, Nr. 159
Die junge Welt wird von 3019 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 12.07.2025, Seite 1 / Titel
Freiheitskampf der Kurden

Waffen im Feuer

Im Nordirak vollzieht PKK historische Waffenniederlegung. Zugeständnisse des türkischen Staates ungewiss
Von Tim Krüger, Sulaimanija
1.jpg
Zum ersten Mal seit ihrem Bestehen zerstört eine Gruppe der PKK ihre Waffen (Sulaimanija, 11.7.2025)

Eine Gruppe von Guerillakämpfern der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat am Freitag in der kurdischen Autonomieregion im Nordirak symbolisch ihre Waffen verbrannt. Die Zeremonie unweit der Stadt Sulaimanija fand vor kurdischen, türkischen, irakischen und internationalen Beobachtern statt. Verbunden mit der damit einhergehenden Erklärung könnte der Prozess zwischen der türkischen Regierung und der kurdischen Bewegung in eine neue Phase eintreten.

Die Zeremonie wurde von Besê Hozat, der Kovorsitzenden des Exekutivrats der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK), und dem langjährigen PKK-Mitglied Nedim Seven eröffnet. Sie verlasen eine Erklärung, in der die »Gruppe für Frieden und Demokratische Gesellschaft« ihre Entschlossenheit bekräftigte, den Friedensprozess voranzutreiben. Darin hieß es: »Als Zeichen unseres guten Willens und unserer Entschlossenheit, dem Friedens- und Demokratisierungsprozess zum Erfolg zu verhelfen, erklären wir hiermit öffentlich: Wir legen die Waffen nieder – aus freiem Willen, unter den Augen der Öffentlichkeit.« Die Guerillas kündigten an, nun ihren »Kampf für Freiheit, Demokratie und Sozialismus mit demokratischen Mitteln« fortzuführen – »im Rahmen eines gesetzlich verankerten Prozesses demokratischer Integration«.

Im Anschluss legten je 15 Kämpferinnen und Kämpfer, darunter langjährige Kommandanten, ihre Waffen in eine Feuerschale. Verbrannt wurden nicht nur die ikonischen Kalaschnikows, sondern auch Raketenwerfer, Maschinengewehre und Scharfschützengewehre. Die Zeremonie war ursprünglich als öffentliche Veranstaltung angekündigt worden, konnte – vermutlich aus Sicherheitsgründen – letztendlich aber nur vor rund 500 ausgewählten Gästen unter Ausschluss der Presse stattfinden. Neben zahlreichen Repräsentanten kurdischer Vereinigungen waren auch hochrangige Vertreter verschiedener türkischer Parteien anwesend. Die symbolische erste Waffenniederlegung ist nach der Auflösungserklärung der PKK vom Mai und einem entsprechenden Aufruf des PKK-Gründers Abdullah Öcalans im Februar ein weiterer wichtiger Schritt der kurdischen Freiheitsbewegung.

Deren Bedeutsamkeit ergebe sich auch aus der aktuellen politischen Weltlage, heißt es in der Erklärung: »In einer Zeit, in der weltweit faschistische Unterdrückung und Ausbeutung zunehmen, in der der Nahe Osten in Blut versinkt und unser Volk dringender denn je ein freies, gleichberechtigtes und demokratisches Leben braucht – erkennen wir die Dringlichkeit und Bedeutung dieses Schrittes Nun richten sich die Blicke auf die türkische Regierung. Devlet Bahçeli, der Vorsitzende der zur Regierungsallianz gehörenden faschistischen MHP, attestierte der PKK umgehend, »ihr Wort gehalten zu haben«.

Auch von seiten der Regierungspartei AKP waren erste anerkennende Töne zu hören. Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat für Sonnabend eine »historische Rede« angekündigt. In dieser könnten weitere Schritte zur Einrichtung einer parlamentarischen Kommission zur kurdischen Frage oder ein Waffenstillstand angekündigt werden. Die Skepsis darüber, ob der türkische Staat ebenfalls Zugeständnisse machen wird und wie lange der Friedensprozess angesichts seiner Asymmetrie noch fruchtbar ist, bleibt seitens der Vertreter der kurdischen Freiheitsbewegung bestehen. Doch das Beharren auf einer Lösung abseits des bewaffneten Kampfes ist groß.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:

Ähnliche:

Regio: