50 Milliarden und kein Ende
Von Reinhard Lauterbach
In Rom haben sich am Donnerstag die wichtigsten Geldgeber der Ukraine zu einer sogenannten Wiederaufbaukonferenz versammelt. Es geht ihnen darum, vor allem private Investoren zu Zusagen zu veranlassen. Auch die EU-Kommission hatte für die Jahre bis 2027 noch einmal 50 Milliarden Euro als »Wiederaufbaufazilität« bereitgestellt. Was danach ist, hängt auch von dem neuen siebenjährigen EU-Haushalt ab, der ab 2028 gilt und noch nicht ausgehandelt ist.
Angesichts des enormen Missverhältnisses zwischen den Kriegsschäden in der Ukraine und den finanziellen Möglichkeiten der EU sind deren Vertreter dabei, sich die Lage schönzureden. Brüssel hofft, durch Kreditgarantien über neun Milliarden privates Kapital in mehrfacher Höhe für Investitionen in die Nachkriegsukraine zu gewinnen. Auf inzwischen 500 Milliarden US-Dollar schätzt die Weltbank die entstandenen Schäden – ein Anstieg um weitere 50 Milliarden in einem halben Jahr. Und bei diesen Zahlen wird es nicht bleiben: In der Nacht zum Donnerstag schoss Russland erneut etwa 400 Drohnen und elf ballistische Raketen auf die Ukraine ab. Sie richteten vor allem in Kiew große Schäden an. Die örtlichen Behörden riefen die Bevölkerung auf, die Fenster geschlossen zu halten und möglichst nicht auf die Straße zu gehen. Große Teile der Hauptstadt lagen am Donnerstag vormittag unter einem dichten Rauchschleier. Bei dem Angriff kamen nach Angaben der Stadtverwaltung zwei Menschen ums Leben, etwa 20 wurden verletzt.
Der als Gast in Rom anwesende ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij rief die Unterstützer der Ukraine auf, angesichts des »wachsenden russischen Terrors« umgehend sofort wirksame Sanktionen gegen Moskaus Energieexporte zu verhängen, damit Russland endlich »die Last des Krieges spüre«. Auf seine wiederholten Appelle an die USA nach Waffenlieferungen kam vom dortigen Präsidenten Donald Trump nur Ausweichendes: Er werde sich die Anfragen der Ukraine »anschauen«, so Trump. Die geforderten Systeme seien aber »schrecklich teuer«.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (11. Juli 2025 um 16:44 Uhr)Wiederaufbau mit Wunschdenken In Rom versammelt sich die Politprominenz zur großen Ukraine-Wiederaufbaukonferenz – ein Hochamt vollmundiger Ankündigungen und Milliarden, die vorerst nur in Pressemitteilungen existieren. 50 Milliarden Euro will die EU bis 2027 bereitstellen – etwa ein Zehntel dessen, was gebraucht wird. Den Rest sollen, so der fromme Wunsch, private Investoren schultern. Doch der Realitätssinn ist offenbar am Flughafengate hängengeblieben. Das Bild von der Ukraine als zweites Nachkriegs-Westeuropa ignoriert, dass es dort funktionierende Verwaltungen, wirtschaftliches Know-how und gesellschaftlichen Zusammenhalt gab – die Grundpfeiler jedes Wiederaufbaus. In der Ukraine heute? Keine verlässlichen Institutionen, eine fragwürdige Justiz und ein korruptionsgeschwächtes System, in dem Milliarden verschwinden, noch bevor der erste Ziegel gesetzt ist. Selbst BlackRock, sonst nicht zimperlich bei Krisenrenditen, hat sich aus dem geplanten Investitionsfonds zurückgezogen – zu riskant, zu instabil, zu wenig kalkulierbar. Und dennoch träumt man in Brüssel – unterstützt von Haushaltswackelkandidaten wie Italien und Frankreich – weiter vom Wunder per Kreditgarantie. Vielleicht, weil sich Luftschlösser leichter errichten lassen, wenn der Blick auf die Trümmer von Kiew durch Raketenrauch und politische Illusionen vernebelt ist.
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