Im Weltall sieht dich niemand denken
Von Marc Püschel
Bald sollen Computer nicht nur »intelligent«, sondern auch noch außerirdisch sein. Die Volksrepublik China plant, ein Rechenzentrum für sogenannte künstliche Intelligenz (KI) in der Erdumlaufbahn zu installieren. Die ersten zwölf Satelliten des Projekts »Drei-Körper-Computerkonstellation« wurden am 14. Mai 2025 vom Jiuquan Satellite Launch Center im Nordwesten Chinas aus ins All geschossen. Insgesamt soll die Konstellation aus 2.800 Satelliten bestehen, die über Lasersignale miteinander kommunizieren. Laut dem chinesischen Raumfahrtunternehmen ADA Space ist es die erste Einrichtung zur direkten Datenverarbeitung im All.
Die zwölf Satelliten verfügen über eine Rechenleistung von fünf Petaflop – das entspricht fünf Billiarden Operationen pro Sekunde – und 30 Terabyte Speicherplatz. Nach der Fertigstellung soll das Rechenzentrum bis zu 1.000 Petaflops Rechenleistung erreichen. Die Satelliten haben auch Messinstrumente an Bord, beispielsweise zur Messung von kosmischer Strahlung. Gesammelt werden sollen vor allem astronomische und klimatische Informationen.
Die Einrichtung soll in erster Linie die Effizienz der Datensammlung und -verarbeitung steigern, denn die herkömmlichen Satelliten können aufgrund begrenzter Übertragungsbandbreiten mittlerweile nur noch einen kleinen Teil ihrer Daten zur Erde schicken. In dem chinesischen KI-Netzwerk werden die gesammelten Daten dagegen direkt im All verarbeitet und nur die Ergebnisse an die Erde übertragen. Ein weiterer Vorteil des extraterrestrischen Standorts ist die Kälte des Weltalls. Dadurch entfallen aufwendige Lüfter- und Kühlungssysteme, wie sie bei KI-Zentren auf der Erde nötig sind. Die Energie für die Satelliten liefern Solarzellen.
Das »Drei-Körper-Computerkonstellation«-Projekt ist Teil der KI-Strategie der Volksrepublik China, die bis zum Jahr 2030 im Bereich dieser Technologie weltweit führend sein will. Durch die Reduktion des Strom- und Wasserverbrauchs auf der Erde sind Rechenzentren im All auch umweltschonend. Allerdings ergeben sich andere Probleme. Zu nennen ist dabei vor allem die immer größere Ansammlung von Weltraumschrott. Besonders in den letzten Jahren – unter anderem durch das Starlink-System von Elon Musk – nahm die Zahl der Satelliten extrem zu, mittlerweile umkreisen über 13.000 die Erde. Davon sind rund 3.000 allerdings schon nicht mehr in Betrieb. Die Vorteile der Verlagerung von KI-Rechnern in den Weltraum könnten zu einem Wettrennen führen, wodurch wiederum die Erdumlaufbahn weiter »zugemüllt« werden würde.
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