Zukunft der Lausitz zahlen andere
Von Yaro Allisat
Seit einer Woche können die Pläne des Energiekonzerns Lausitzer Energie AG (LEAG) zur Erweiterung des Tagebaus Nochten, er befindet sich westlich von Weißwasser in Sachsen, eingesehen werden. Auf 560 Hektar will der Konzern dort bis 2038 rund 110 Millionen Tonnen Kohle ausgraben, die in den Kraftwerken Boxberg und Schwarze Pumpe verbrannt und zu Strom werden sollen. Bis Ende August können Stellungnahmen zu den Plänen an das Sächsische Oberbergamt übermittelt werden. Kritiker bezeichnen die Pläne der Ausweitung als fatales Signal gegen eine dringend notwendige Energiewende. Die frühere Ampelregierung, die ein Ende der Braunkohleförderung bis 2030 durchsetzen wollte, ist also vollends mit ihren entsprechenden Vorhaben gescheitert.
Es würden »um Jahre länger die Grundwasserressourcen des Spreegebietes abgepumpt. Das verursacht Folgekosten bis ins 22. Jahrhundert, wenn sich das private Unternehmen LEAG längst aus dem Staub gemacht haben will«, so René Schuster, Sprecher des Umweltverbands Grüne Liga. Der Braunkohleabbau hinterlässt in der Lausitz nicht nur Mondlandschaften. Die Absenkung des Grundwassers, die für das Graben notwendig ist, führt zur Austrocknung ganzer Landschaften und zu einer massiven Sulfatbelastung, unter anderem im Wasser der Spree. Normalerweise müssten Konzerne wie die LEAG Milliarden zurücklegen, um Rekultivierungsprogramme zu finanzieren. Dazu schweigen sich der Konzern und das sächsische Wirtschaftsministerium jedoch seit Jahren aus. Voraussichtlich wird also im Insolvenzfall des Unternehmens die öffentliche Hand für Rekultivierung und Ewigkeitskosten, die von Greenpeace auf rund fünf Milliarden Euro beziffert werden, aufkommen müssen.
Ende vorigen Jahres veröffentlichte die Organisation eine Meldung, die befürchten lässt, dass nur ein Bruchteil der benötigten Gelder von der Regierung bereitgestellt wird und dass die tschechische EPH, die Holding, die hinter der LEAG steht, die benötigten Gelder schon vorher aus dem Unternehmen gezogen hat. Die EP-Gruppe um den tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky wird alleiniger Besitzer der LEAG, hieß es Ende März. Die Tochtergesellschaft EP Energy Transition erwerbe den bisherigen 30-Prozent-Anteil des tschechischen Finanzinvestors PPF, hatte da das Unternehmen mitgeteilt. »Während die PPF Group von ihrem 50-prozentigen-Anteil 20 Prozent für einen Euro veräußert, weist sie gleichzeitig den Buchwert ihrer LEAG-Investition mit mehr als einer Milliarde Euro aus. Noch erstaunlicher: Sie verbucht aus eben dieser Investition stattliche Gewinne: 800 Millionen Euro im Jahr 2022 und 731 Millionen Euro im Jahr 2023«, heißt es nun in der Erklärung von Greenpeace weiter.
Damit sichert sich der Privatkonzern die Profite, während der Steuerzahler für die Zerstörung aufkommen muss. Auch wie es für die Belebung der Region, die nur von der Braunkohle lebt, weitergehen soll, ist für die Arbeiter und ihre Familien komplett unklar. Von dem neuen SPD-Wirtschaftsminister Dirk Panter fordern die sächsischen Grünen deshalb, »dass er eine vollumfängliche Sicherheitsleistung nach Paragraph 56 Absatz 2 des Bundesberggesetzes einfordert. So wird sichergestellt, dass der Bergbaubetreiber die Kosten für die Wiedernutzbarmachung der Tagebaugebiete auch dann trägt, wenn mit der Kohle nach 2030 keine Gewinne mehr erzielt werden.«
Rechnerisch wäre der Kohleausstieg möglich, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) vom Mai vergangenen Jahres aufzeigt. In den Modellrechnungen des DIW wird von einem Ausbau der Erneuerbaren Energien ausgegangen, mit dem Ziel, 80 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland über diese Energieträger zu decken, wie es die Ampelregierung noch vorgesehen hatte. Dafür hatte die Bundesregierung jährliche Ausbauziele insbesondere für Wind- und Solarkraft formuliert, die jedoch schon in den vergangenen Jahren nicht eingehalten wurden. Auch ein Ausbau der Batteriespeicher, da Erträge aus Wind und Sonne wetterabhängiger sind, ist notwendig. Laut dem Fraunhofer Institut wird der Bedarf für 2030 auf 104 Gigawattstunden geschätzt, Ende 2023 lag Deutschland gerade bei zwölf Gigawattstunden.
Es sei »die Aufgabe von Ministerpräsident Kretschmer, die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Transformation unserer Energieversorgung hin zur Klimaneutralität konsequent voranzutreiben. Statt dessen fabuliert er über eine Verschiebung der Klimaziele ins Jahr 2045 und den angeblich zu rasanten Ausbau der Windkraft in Sachsen«, heißt es in einer Mitteilung der Grünen. Eine politische Unsicherheit werde herbeigeredet, die zur Verschiebung oder Komplettabsage von Zukunftsinvestitionen führe.
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