Bamako in Gefahr
Von Jörg Tiedjen
Die Lage ist ernst. Dschihadisten sind im westafrikanischen Mali im Vormarsch wie seit langem nicht mehr. Bürger des Landes in der ganzen Welt waren daher am Freitag aufgerufen, sich vor malischen Botschaften und Konsulaten zu versammeln, um Unterstützung für die regulären Streitkräfte zu zeigen. In Bamako selbst sollte in einem Stadion eine Großkundgebung stattfinden. Allerdings beschreibt die im Aufruf dazu angeprangerte »Zunahme koordinierter Terroranschläge« die Gefahr nur sehr verkürzt.
Die Situation spitzt sich zu, seit in der Nacht auf Dienstag Kämpfer der »Gemeinschaft für die Unterstützung des Islams und der Muslime« (JNIM) gleich sieben Angriffe auch unter Verwendung von Kamikazedrohnen gleichzeitig durchführten. Nicht allein die Zahl und der Grad der Abstimmung waren erstaunlich, sondern auch die Ziele. Sie lagen überwiegend im Westen des Landes bis unmittelbar an der Grenze zum Senegal, in einer Region also, die von Kampfhandlungen weitgehend verschont geblieben war.
Zwar gab die malische Armee am Dienstag in einer Sondersendung im Fernsehen bekannt, sie habe die Al-Qaida-Kräfte zurückgeschlagen und dabei »mehr als 80 Kämpfer« getötet. Auch das US-amerikanische Institute for the Study of War (Institut für Kriegsstudien) sieht eine »taktische Niederlage« der Angreifer. Zugleich spricht es aber vom »strategischen Erfolg« der Dschihadisten, Behauptungen Bamakos konterkariert zu haben, »dass sich die Sicherheitslage verbessert«.
Doch ist bei den Siegesmeldungen über die Dschihadisten Vorsicht angebracht. Im Anschluss an die Offensive verhängte JNIM laut der Infoseite Afrik.com über die Städte Kayes und Nioro eine Blockade, mit der Begründung, dass die Einwohner der Armee geholfen hätten. Bei Kayes im äußersten Westen des Landes handelt es sich um die von der Wirtschaftsleistung her nach Bamako zweitwichtigste Stadt, das Zentrum der Goldproduktion – und einen Verkehrsknotenpunkt, dessen Kontrolle durch JNIM Bamakos Verbindung nach Senegal abschneiden würde.
Angeführt werden die Dschihadisten laut dem Portal Malijet von einem alten Bekannten: dem früheren Tuareg-Separatisten Iyad Ag Ghali, der schon eine Schlüsselrolle bei dem 2012 entfesselten Sezessionskrieg im Norden Malis innehatte. Bamako wirft sowohl dem Nachbarn Algerien als auch der früheren Kolonialmacht Frankreich und sogar der fernen Ukraine vor, JNIM zu unterstützen – schließlich hat die Militärregierung in Bamako Paris den Rücken gekehrt und sich Moskau zugewandt.
Am Donnerstag beschloss der nach dem Putsch von 2020 gebildete Übergangsrat ein Gesetz, mit dem der Armeeoffizier und Interimspräsident Assimi Goïta für fünf Jahre zum regulären Staatsoberhaupt erklärt wird. Seine Amtszeit könne »so oft wie nötig verlängert werden, bis das Land befriedet ist«, berichtete Afrik.com. Auch dürfe er bei künftigen Wahlen antreten. Zur Begründung heißt es, dass die Neuregelung ein »notwendiger Hebel« sei, »um das Land zu stabilisieren, das seit mehr als einem Jahrzehnt mit bewaffneten Aufständen und einem Zusammenbruch der demokratischen Regierung konfrontiert ist«.
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