Auch ohne Wilders
Von Gerrit Hoekman
Das niederländische Parlament hat am Donnerstag abend zwei Gesetze verabschiedet, die das Asylrecht erheblich beschneiden: Unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigungen werden nicht mehr erteilt, Betroffene müssen diese alle drei Jahre neu beantragen. Und auch der Familiennachzug wird stark eingeschränkt. Nach turbulenten Sitzungen sorgten die Koalitionspartei Nieuw Sociaal Contract (NSC) und die drei Abgeordneten der erzkalvinistischen SGP für die nötige Mehrheit. Die beiden Gesetze basieren auf Vorschlägen der extrem rechten Partei PVV von Geert Wilders, die inzwischen die Koalition verlassen hat.
Bis Donnerstag hatte es zunächst so ausgesehen, als ob der NSC den Gesetzen nicht zustimmen würde. Grund ist eine Passage, laut der auch all diejenigen mit einer Strafe rechnen müssen, die anderen helfen, die sich ohne gültige Papiere im Land aufhalten. Menschen dürften nicht dafür bestraft werden, dass sie Geflüchteten einen Teller Suppe und ein Stück Brot geben oder ihnen ein Bett anbieten, forderte der NSC gemeinsam mit dem christdemokratischen CDA. Eine solche Haltung sei unbarmherzig. Eigentlich gibt es im Parlament gar keine politische Mehrheit für eine solche Kriminalisierung. Aber am Dienstag fehlten bei der Abstimmung eines entsprechenden Antrags der PVV so viele Gegner, dass der Zusatz zum Gesetz völlig überraschend angenommen wurde.
Doch nachdem der kommissarische, rechtsliberale Justiz- und Asylminister David van Weel am Donnerstag gegen 22 Uhr schriftlich zusagte, dass der Passus solange außer Kraft gesetzt werde, bis der Staatsrat seine juristische Einschätzung abgegeben habe, stimmte der NSC dem Gesetz zu. Die Mitglieder des Staatsrats werden vom König ernannt und beraten die Regierung bei Gesetzesvorhaben. Die Christdemokraten blieben bei ihrer Ablehnung.
Vor Inkrafttreten müssen die Gesetze aber noch den Senat, die Eerste Kamer, passieren. In ihr sind die Mehrheitsverhältnisse allerdings nicht eindeutig. Dem CDA könnte eine entscheidende Rolle zukommen, falls es der Regierung nicht gelingt, mindestens drei kleinere Parteien für ihre Asylgesetze zu begeistern. Wilders ahnt bereits, dass es ohne den CDA knapp werden könnte, und wettert auf X gegen den politischen Führer Henri Bontenbal: »Mehr Asyl. Mehr Gewalt. Mehr Elend. Mehr Flüchtlingszentren. Mehr Illegale. Danke, Bontenbal.« Die Abstimmung steht frühestens nach der Sommerpause auf der Tagesordnung. Die Vereinigung der niederländischen Gemeinden will die Eerste Kamer bis dahin davon überzeugen, dass die Gesetze auf lokaler Ebene nicht praktikabel und juristisch angreifbar sind. Sie »bieten keine konkreten Lösungen für soziale Probleme wie Wohnungsnot, lange Wartezeiten im Asylverfahren und Engpässe bei der Aufnahme von Asylsuchenden«, kritisierte die Hilfsorganisation Vluchtelingenwerk Nederland.
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