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Aus: Ausgabe vom 21.06.2025, Seite 4 / Inland
Kiel Security Conference 2025

Vom Meer zur Kampfzone

Kiel: Marinekonferenz bekräftigt Mobilmachung gegen Moskau. Ostsee laut Außenminister Wadephul gefährlicher Brennpunkt
Von Kristian Stemmler
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Kurs auf Russland: Der US-Lenkwaffenzerstörer USS »Paul Ignatius« und der litauische Minenjäger »Kursis« (r.) fahren zum Start von »Baltops« auf die Ostsee (Warnemünde, 5.6.2025)

Wenn sich in diesen Tagen hochrangige Militärs, »Sicherheitsexperten« und Politiker auf Einladung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung treffen, kann es nur um eines gehen – die »russische Bedrohung« beschwören, um die Aufrüstung zu rechtfertigen. So auch auf der »Kiel Security Conference 2025«, zu der die Stiftung am Freitag ins Kieler Hotel »Maritim Bellevue« eingeladen hatte. Unter der Überschrift »Stürmische See und Lichtblicke: Neue Realitäten in der Ostsee und darüber hinaus« referierten Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU), die Außenministerin Lettlands, Baiba Braže, sowie diverse Generäle und Admiräle der Bundeswehr sowie befreundeter Armeen.

Wadephul hatte vor fünf Jahren die Konferenz mit ins Leben gerufen. In seiner Eröffnungsrede, deren Manuskript junge Welt vorliegt, betonte er. Die Ostsee sei zu einem »gefährlichen geopolitischen Brennpunkt« geworden, zu einer Zone, »in der Russlands aggressive hybride Aktivitäten unseren Frieden und unsere Sicherheit untergraben«. So verwies Wadephul unter anderem auf Schiffe, die ihre Anker über den Meeresboden schleifen lassen, um – in böser Absicht – Unterseekabel zu beschädigten. Russische Frachter würden sich in der Nähe deutscher Häfen herumtreiben, stünden im Verdacht, »als Startrampen für Überwachungsdrohnen zu dienen«. Russlands Präsident Wladimir Putin sei sich »der geostrategischen Bedeutung der Ostsee bewusst« und suche »ständig nach Schwachstellen«.

Wenig überraschend gibt es für Wadephul darauf nur eine Antwort: »Auf absehbare Zeit müssen wir Sicherheit gegen Russland organisieren, nicht mit Russland.« Es brauche eine »starke und flexible Militär- und Sicherheitspräsenz in der Ostseeregion«. Deshalb seien Übungen wie das gerade beendete NATO-Manöver »Baltic Operations« (Baltops) so wichtig. An Baltops nahmen in den vergangenen zwei Wochen rund 50 dSchiffe und Boote, mehr als 25 Flugmaschinen sowie etwa 9.000 Soldatinnen und Soldaten aus 17 Ländern teil. Zum Abschluss sind am Freitag morgen 20 Kriegsschiffe in Kiel eingelaufen mit insgesamt 1.500 Soldaten an Bord, wie ein Marinesprecher sagte. Zuvor hatten die Fregatte »Bayern« und das US-Kommandoschiff »Mount Whitney« im Kieler Marinestützpunkt festgemacht. Die ausländischen Schiffe verlassen Kiel zum Ende des Wochenendes wieder.

In vier Tagen treffe sich die NATO in Den Haag »zu einem der möglicherweise folgenreichsten Gipfel ihrer Geschichte«, hoffte Wadephul. Dort werde man sich »auf eine neue Verpflichtung zu Verteidigungsinvestitionen« einigen. Die Bundesregierung unterstütze den Vorschlag von NATO-Generalsekretär Mark Rutte, nicht nur eine Summe entsprechend 3,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts für militärische Zwecke zu investieren, sondern dazu noch 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung in die »entsprechende Infrastruktur und Cybersicherheit«.

In den Panels der Konferenz ging es im gleichen Duktus weiter. So hieß es in einem Einführungstext, Russland verstärke seine »hybriden Angriffe in ganz Europa« und dürfte »noch in diesem Jahrzehnt eine ernsthafte Bedrohung für einen Angriff auf NATO-Territorium darstellen«. Referenten waren unter anderem Vizeadmiral Jeffrey Anderson, Kommandeur der 6. US-Flotte, Jan Christian Kaack, Inspekteur der deutschen Marine, Ingo Gerhartz, Befehlshaber des »Allied Joint Force Command« der NATO im niederländischen Brunssum, und der Chef der schwedischen Marine, Johan Norlén.

Einige dieser Referenten hatten bereits am Donnerstag am »Kiel International Seapower Symposium 2025« teilgenommen, das vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel veranstaltet wurde. Die Beiträge dürften sich von denen vom Freitag nicht groß unterschieden haben. Auf der Homepage des Instituts hieß es, die Ostsee sei »erneut ein Brennpunkt im internationalen Wettbewerb mit Russland und Moskaus Stellvertretern« geworden. »Angriffe auf Pipelines, Seekriege, Aktivitäten der Schattenflotte, rücksichtsloses Handeln und das Durchtrennen von Datenkabeln« seien die Folge.

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