Nachschlag: Melancholie

Melancholie, Allegorie, Trauerspiel – dieser »Tatort: Wir sind nicht zu fassen« aus Wien versammelte beinahe benjaministisch alle drei Begriffe. In Wien tobt der Ausnahmezustand, »Querdenker«-Demos in der Innenstadt; Parlamentserstürmung à la Capitol droht. Und irgendwie – zwischen Geheimdienst und Staatsräson – geht es auch noch um kalten Mord. Allegorisch der Fall des toten Demonstranten: vom Mitläufer zum Spitzel im Staatsauftrag im Schnelldurchlauf. Das Wahrnehmen des Demonstrationsrechts dazwischen (freilich »for the wrong cause«) bleibt Episode. Allegorisch auch das Verzweifeln der Eltern angesichts des Missratens der Jugend. Mit einem melancholischen Blick des Ermittlerduos Fellner/Eisner auf die verworrenen Zeiten endet der Film. Nicht ganz zufällig von einer entfernten Betrachterposition in den Hügeln rund um Wien aus. Die Wahrnehmung, die Welt nicht mehr verstehen zu können, verdeckt die Einsicht, an ihren Zeitläuften nichts Wesentliches mehr ändern zu können. Ein Trauerspiel. (mis)
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