Träumen von »Europa«
Von Carmela Negrete
Die spanischen Gewerkschaften Unión General de Trabajadores (UGT) und Comisiones Obreras (CCOO) haben am Sonntag im Zentrum Madrids eine gemeinsame Kundgebung veranstaltet, »um Europa und unser Modell der Rechte und Freiheiten zu verteidigen, um die Demokratie und unseren Sozialstaat gegen diejenigen zu schützen, die ihn abschaffen wollen«. Das ist auf die extreme Rechte in Spanien gemünzt, aber auch auf US-Präsident Donald Trump oder die angebliche Bedrohung durch Russland. Als Antwort wird eine »strategische Autonomie« gefordert – auch in Sachen Rüstung.
»Die Demokratie, das Zusammenleben und die Solidarität müssen gestärkt werden – dazu sind wir als europäische Bürger aufgerufen«, hatte der Generalsekretär der historisch der Kommunistischen Partei verbundenen CCOO, Unai Sordo, auf Infolibre unter dem Titel »Wir sind Europa (und wollen es weiterhin sein)« geschrieben. Er fordert, »die europäischen Kapazitäten zu stärken – in der Industrie, in der Energieversorgung, in der Außenpolitik und in der Sicherheit (die weit mehr ist als nur Verteidigung)«. Sich gegen Krieg und Aufrüstung zu positionieren klingt anders. Die den Sozialisten nahestehende Gewerkschaft UGT hatte ihrerseits im April eine Steuer auf EU-Ebene vorgeschlagen, um damit die Aufrüstung zu finanzieren.
Auch bei den Maidemonstrationen hatte sich erneut gezeigt, dass sich die beiden großen Gewerkschaften scheuen, entschieden gegen Krieg und Aufrüstung Stellung zu beziehen. Lieber rufen sie zu einem »starken Europa« auf, als dass sie etwa mit vergleichbarer Energie gegen den Völkermord in Gaza mobilisieren. Treffend beschrieb die Politikwissenschaftlerin Arantxa Tirado diese Haltung Anfang der vergangenen Woche in der linken Tageszeitung La Marea: Indem die beiden Gewerkschaften »das ›europäische Projekt‹ zum ›Pfeiler der sozialen Demokratie, des Zusammenlebens und des Fortschritts‹ verklären, stellen sie die bestehende Ordnung nicht in Frage, sondern stützen sie.«
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