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Aus: Ausgabe vom 12.05.2025, Seite 7 / Ausland
Tag der Befreiung

Festival der Revisionisten

Ukraine: Bundeswehr-Generalmajor hofiert beim 8.-Mai-Gedenken »Asow«-Nazikommandeur
Von Susann Witt-Stahl
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Immer tiefer in den braunen Sumpf: Generalmajor Freuding (l.) mit Kollegen aus Lettland und Schweden auf »Kiewer Sicherheitsforum« (8.5.2025)

Offiziell reiste der Generalmajor der Bundeswehr Christian Freuding am 8. Mai für Gespräche mit Vertretern der dortigen Regierung über militärische Unterstützung nach Kiew. Wie der unabhängige Pu­blizist Moss Robeson berichtet, traf der Leiter des Planungs- und Führungsstabs des Bundesverteidigungsministers und des Lagezentrums Ukraine dort aber auch Oleg Romanow, Kommandeur des Panzerabwehrbataillons des 3. Korps »Asow« der ukrainischen Armee. Tatsächlich findet sich auf Romanows Instagram-Kanal ein Foto, auf dem er gemeinsam mit Freuding ein T-Shirt der »Asow«-Drohneneinheit »Paskuda Group« hochhält – zum »Tag des Gedenkens und des Sieges über den Nazismus«, heißt es in dem Post, in dem beide Offiziere in Felduniform zu sehen sind.

Damit hätte Freuding ein bisher in der BRD geltendes Tabu des 8.-Mai-»Gedenkens« gebrochen und es mit Militärs begangen, die in der Tradition Hitlerdeutschlands stehen: Romanows Oberkörper, den er regelmäßig in sozialen Netzwerken ausstellt, ist übersät mit Nazitattoos, darunter Hakenkreuzornamente und das von der Waffen-SS fetischisierte Sonnenrad, das auch in »Asow«-Truppenkennzeichen enthalten ist. Seine nazistische Gesinnung hatte Romanow bereits im Sommer 2024 demonstriert, als er Gefallen daran äußerte, dass einer seiner Kämpfer beim Besuch der Gedenkstätte Auschwitz die Opfer des »Dritten Reichs« verhöhnt hatte. Die 3. Separate Sturmbrigade, der Romanow angehört und die das Rückgrat des 3. Armeekorps bildet, hat wiederholt die Waffen-SS-Division »Galizien« geehrt und gelobt, »auch Jahrzehnte später unsere gemeinsame und große Sache fortzusetzen: den Kampf bis zum endgültigen Sieg und der Befreiung der Ukraine vom russischen Invasor«.

Im Zeichen dieses aggressiven Revanchismus stand auch das »Gedenken« auf dem 17. Sicherheitsforum in Kiew am 8. und 9. Mai, an dem Freuding ebenfalls teilnahm. Auf der unter anderem von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützten Konferenz beklagte ein »Asow«-Oberfeldwebel, dass bei den Nürnberger Prozessen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht auch »die sowjetischen Kriegsverbrecher« zur Rechenschaft gezogen worden waren. In einem zum »Gedenken« am Tag der Befreiung abgespielten Propagandafilm wurde die faschistische Ukrainische Aufständische Armee (UPA), paramilitärischer Arm des Bandera-Flügels der Organisation Ukrainischer Nationalisten, die als Hitlerkollaborateure am Massenmord an Polen und Juden beteiligt waren, als »Widerstandskämpfer« gegen Nazideutschland und die Sowjetunion gewürdigt.

Diesen geschichtsrevisionistischen Entgleisungen setzte Arsenij Jazenjuk, der von 2014 bis 2016 Ministerpräsident der von Bandera-Faschisten durchsetzten Maidanputschregierungen war und dessen Open Ukraine Foundation Veranstalter des Kiewer Sicherheitsforums ist, die Krone auf. Er verkündete den Aufbau einer neuen »Antihitlerkoalition« – gegen den »gegenwärtigen Hitler«, wie Jazenjuk den russischen Präsidenten Wladimir Putin bezeichnete. Dabei sehen sich die Funktionseliten des deutschen Imperialismus besonders in der Pflicht. So betonte Generalmajor Freuding in seinen Redebeiträgen auf dem Forum, dass der »Imperialismus« Moskaus mit erheblich mehr Militärhilfe für Kiew gestoppt werden und für einen »langen Krieg« die Rüstungsproduktion der EU und der Ukraine die russische überflügeln müsse. »Lassen Sie uns nicht durch Zögern, sondern durch Entschlossenheit in die Geschichte eingehen«, unterstrich Freuding die Nazivergleiche seiner Vorredner. Anderenfalls »verraten wir unser historisches Erbe«.

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