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Aus: Ausgabe vom 03.05.2025, Seite 3 (Beilage) / Wochenendbeilage

Zur Überwindung der Not mobilisieren

Am 5. April 1945 beschloss das KPD-Politbüro Richtlinien für die antifaschistische Arbeit im von der Roten Armee besetzten Gebiet Deutschlands. Ein Auszug
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Sowjetische und französische Soldaten im befreiten Berlin im Mai 1945

Herausgabe einer antifaschistischen deutschen Zeitung unter dem Namen Deutsche Volkszeitung. Die Zeitung ist das Publikationsorgan der Stadt- und Ortsverwaltungen des besetzten Gebietes. Die Zeitung wird zunächst in einer der größeren Städte, wie Dresden oder Cottbus, hergestellt. Die Zeitung erscheint zunächst dreimal wöchentlich, später täglich mit vier bis sechs Seiten. Inhalt der Zeitung: Solange die Kriegshandlungen andauern, muss der Inhalt der Zeitung vorwiegend auf die Beeinflussung der Hitlerarmeen und der Bevölkerung im Hitlergebiet orientiert sein. Die Schilderung des Lebens in den besetzten Städten wird die Kapitulationsstimmung in der Hitlerarmee fördern. Die Zeitung soll die Bevölkerung des besetzten deutschen Gebietes zur Überwindung der Not mobilisieren im Sinne der Herstellung der Ordnung, Sicherung einer notdürftigen Ernährung, Unterbringung der Wohnungslosen, Ingangsetzung der städtischen Versorgungsbetriebe und eines Notverkehrs. Die Bevölkerung überzeugen, dass die Maßnahmen des Ortskommandanten der Roten Armee und der Gemeindeverwaltungen den Interessen der Bevölkerung entsprechen. Der Bevölkerung ist die Ursache der Katastrophe, der Kriegsschuld Deutschlands, die Verbrechen des Nazisystems und die Mitverantwortung des deutschen Volkes zu erklären. Die Massen sind zum Hass gegen Nazismus, Militarismus und Reaktion zu erziehen, zur Mithilfe bei der organisatorischen, politischen und moralischen Vernichtung des Nazismus und Militarismus. Die Bevölkerung ist zu überzeugen, dass die Vernichtung des Nazismus im Lebensinteresse des deutschen Volkes ist und deshalb alle aufrichtigen Deutschen mithelfen müssen bei der Aufspürung und Vernichtung von Kriegsverbrechern, faschistischen Terroristen, Provokateuren und Saboteuren.

Die antifaschistischen, fortschrittlichen Kräfte sollen in der Zeitung zu Wort kommen, um die Einheit der fortschrittlichen Kräfte aus allen werktätigen Schichten, der Kommunisten, Sozialdemokraten, bürgerlichen Demokraten und Christen auf neuer, antifaschistischer Grundlage zu schaffen.

Die Zeitung soll die Bevölkerung im Geiste friedlicher Zusammenarbeit und Freundschaft der Völker, besonders mit der Sowjetunion, erziehen.

Durch grundsätzliche Aufsätze ist die allgemeine antifaschistische Umerziehung zu fördern, besonders die Aufklärung über das Wesen des deutschen Imperialismus, des preußischen Militarismus und des Rassismus.

Die Zeitung soll die Bevölkerung überzeugen, dass ehrliche Erfüllung der Wiedergutmachungsbedingungen, gründliche Liquidierung des Nazismus, Abkehr von der Naziideologie und von Revancheplänen, konsequente Demokratisierung des gesamten Denkens und Handelns sowie freundschaftliches Verhalten zur Sowjetunion und zu den anderen demokratischen Völkern die Voraussetzung ist für eine würdige Existenz des deutschen Volkes und für die spätere Rückkehr in die Gemeinschaft der Völker. (...)

Herausgabe von antifaschistischer und fortschrittlicher Literatur für Bibliotheken, Volkslesehallen, Lehrmaterial für Kurse und Schulen sowie Massenliteratur für den Vertrieb unter der Bevölkerung. (...)

Volksbildung (Abteilung für Volksbildung)

Säuberung der Schulen, Bibliotheken und Institutionen von nazistischer, militaristischer und anderer reaktionärer Literatur. (…) Die früheren Lehrbücher, auch die aus der Zeit der Weimarer Republik, können nicht mehr für den Unterricht verwendet werden. Vom Schulrat der größten Stadt des besetzten Gebietes werden Richtlinien ausgearbeitet für die ersten drei Monate des Schulunterrichts sowie ausführliche Richtlinien für alle Lehrfächer. Die Richtlinien müssen davon ausgehen, dass zunächst die antifaschistische Umerziehung der Kinder erfolgen muss. (…)

Die Aufgaben in den Landgemeinden (…)

Die besondere Sorge der Gemeindeverwaltungen ist die Sicherung des Anbaus und der Ablieferung der für die Volksernährung notwendigen Produkte. Die gesamte urbar gemachte Bodenfläche ist anzubauen.

Herrenloser Boden ist je nach den örtlichen Verhältnissen den anbauwilligen Werktätigen zu individuellen Nutzung zuzuteilen. Große Güter sind durch die Gutsarbeiter und Angestellten gemeinsam zu bewirtschaften, nachdem die individuellen Bodenwünsche der Landarbeiter, kleinbäuerlichen Anlieger und sonstigen Dorfproletarier befriedigt wurden. Alles auf den Landgütern und großen Bauernhöfen vorhandene Zugvieh und Maschineninventar ist maximal auszunützen und auch für die Bebauung des Bodens der kleineren Bauern und Parzelleninhaber zur Verfügung zu stellen. Jeder Bearbeiter des Bodens hat das uneingeschränkte Recht, nach Erfüllung der Ablieferungsnorm seine Produkte frei zu verwerten.

Richtlinien des Politbüros des ZK der KPD für die Arbeit der deutschen Antifaschisten in dem von der Roten Armee besetzten deutschen Gebiet vom 5. April 1945. Veröffentlicht in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Heft 2/1965, Seiten 264–268. Hier zitiert nach: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Band 5. Dietz-Verlag, Berlin 1966, Seiten 618–623

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