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Aus: Ausgabe vom 24.05.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Finanzskandal

Auch Benko hat Erinnerungslücken

Signa-Gründer sagt vor Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments aus
Von Dieter Reinisch, Wien
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»Wie der genaue Austausch war, da kann i mi ned mehr erinnern«: René Benko am Mittwoch im U-Ausschuss in Wien

René Benko musste von der Polizei vor den Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments gebracht werden. Zweimal hatte sich der Immobilieninvestor zuvor trotz Vorladung geweigert, zur Befragung zu erscheinen. Am Mittwoch wurde er also von zivilen und uniformierten Beamten in einem Polizei-Audi vorgeführt. Im Parlament angekommen, ging Benko in Begleitung seines Anwalts wortlos an den zahlreichen Journalisten vorbei in den Sitzungssaal. Es war der vorletzte Befragungstag des von FPÖ und SPÖ eingesetzten Untersuchungsausschusses zu den Machenschaften der Covid-Finanzierungsagentur (Cofag). Er tagt seit Februar, weil die Oppositionsparteien Steuergeschenke an ÖVP-nahe Unternehmen wie Signa vermuten.

Benko musste sich im U-Ausschuss einer zähen Befragung stellen: »Ich ersuche um Verständnis, dass ich auf die meisten Fragen inhaltlich nicht eingehen werde«, dämpfte er gleich zu Beginn der Sitzung Hoffnungen auf tiefere Einblicke. Bei seiner Anhörung verwickelte Benko den U-Ausschuss in langwierige Verfahrensdiskussionen und beriet sich bei fast jeder Frage minutenlang mit seinem Anwalt. Der wirtschaftliche Niedergang der Signa-Gruppe, die in den vergangenen Jahren auch in Deutschland stark expandierte und die Warenhauskette Galeria Karstadt-Kaufhof in die Insolvenz trieb, steht formal nicht auf der Tagesordnung des Ausschusses.

Benko wurde unter anderem zu seinem Verhältnis zum ehemaligen Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz befragt. Kurz habe wenige Monate vor seiner Ernennung zum Bundeskanzler im Sommer 2017 als Gast an einer Großveranstaltung in einer Signa-Immobilie am Gardasee teilgenommen, gab Benko zu Protokoll. Kurz habe sich auch nach seinem Rückzug aus der Politik auf Benkos Yacht aufgehalten, sagte der 47jährige Unternehmer weiter. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik sei Kurz unter anderem wegen seiner guten internationalen Kontakte als Signa-Berater engagiert worden.

Als die Abgeordneten ihn nach einer Delegationsreise in die arabische Welt fragten, wurde Benko schmallippig. Es ging um eine Reise des Bundeskanzlers Kurz, auf der Benko mitreiste. Er bemühte sich in dieser Zeit um den Einstieg des Staatsfonds von Abu Dhabi, Mubadala. Aus Unterlagen, die die Abgeordneten zitieren, geht hervor, dass das Bundeskanzleramt über Benkos Ansinnen informiert war. »Wie der genaue Austausch war, da kann i mi ned mehr erinnern«, sagte Benko laut Wirtschaftswoche. Weitere Fragen zu möglichen politischen Absprachen rund um Signa wollte Benko mit Verweis auf die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht beantworten.

Für den Fraktionsvorsitzenden der Freiheitlichen und FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker stand die Aufklärung möglicher Verbindungen zwischen dem »untergegangenen Signa-Reich« und der »Skandalfirma« Wirecard, die Beleuchtung der Rolle von Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer sowie des liberalen Unternehmers Hans-Peter Haselsteiner im Mittelpunkt. Antworten gab es allerdings kaum, da Benko auf viele Fragen nicht einging.

Weniger Erfolg als bei René Benko hatte die Polizei am Donnerstag, dem letzten Befragungstag: Ein ÖVP-naher Unternehmer war für die Polizei in Kärnten »weder an einer Wohnadresse noch in seinem Büro« auffindbar und wurde daher nicht nach Wien vorgeführt. Laut seinem Anwalt soll er auf Kur sein. Wo, konnte die Polizei nicht herausfinden. Damit endete die Zeugenbefragung im parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Bis zum 1. Juni werden die Fraktionen nun einen Abschlussbericht erstellen.

Insgesamt hat der auf Antrag von SPÖ und FPÖ eingesetzte sogenannte Cofag-Untersuchungsausschuss 15 Sitzungen abgehalten und an sieben Befragungstagen 16 Auskunftspersonen geladen. Darunter befanden sich unter anderem der grüne Vizekanzler Werner Kogler, ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner, Exfinanzminister Gernot Blümel und die Cofag-Geschäftsführer. Zahlreiche weitere Vorladungen gingen hingegen ins Leere, weil sich die Betroffenen entschuldigten oder zu den Ladungsterminen nicht erschienen.

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