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Aus: Ausgabe vom 18.05.2024, Seite 5 / Inland
Bundesklinikatlas

Wer überlebt das Klinikranking?

Bundesklinikatlas ohne Zusatznutzen für Patienten geht online. Den Zentralisierungsprozess dürfte das befeuern
Von Susanne Knütter
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Zwei Daumen für die Kraft des Marktes: Karl Lauterbach beim Öffnen des Portals am Freitag

Die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach läuft auf eine weitere Konzentration der Kliniklandschaft hinaus. Verkauft wird das als Beitrag zu mehr Spezialisierung. Bei der Umsetzung vertrauen der SPD-Minister und seine Kollegen aus der Gesundheitsökonomie der Kraft des Marktes. Seit Freitag gibt es einen »Klinikatlas«, der das gut zum Ausdruck bringt.

Zwar werden im online zugänglichen »Deutschen Krankenhausverzeichnis« schon seit mehr als zwei Jahrzehnten alle wichtigen Informationen aufbereitet, vom Personalschlüssel über Fallzahlen und Qualitätskritieren bis zu Komplikationsraten. Seit Freitag darf man sich nun aber zusätzlich noch auf dem Portal »Bundesklinikatlas« über »Stärken und Schwächen« der einzelnen Häuser informieren.

Patienten sollen dort ablesen können, welche der aktuell noch etwa 1.700 Krankenhäuser wie oft welche Eingriffe vornehmen und wie viele Pflegekräfte vor Ort sind. Für ausgewählte Eingriffe sollen zukünftig auch Komplikationsraten veröffentlicht werden – also Daten darüber, wo welche Operation wie oft schiefgeht. Außerdem sollen gezielte Vergleiche zwischen Angeboten in einer Region möglich sein. Das soll nicht nur Patienten, sondern auch Ärzten »bei der Entscheidung für eine Klinik« helfen, hieß es aus dem Ministerium.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht in Lauterbachs Tool keinen Zusatznutzen. Vor kurzem sei das »Deutsche Krankenhausverzeichnis« auf der Homepage des Gesundheitsministeriums noch als »geeignetes Transparenztool« zur Krankenhaussuche empfohlen worden, erinnerte die DKG am Freitag. Lauterbachs nun »angekündigte Transparenz« basiere auf einem »ministeriellen Ranking der Krankenhäuser in Level, vergleichbar mit Sternekategorien bei Hotels«. Allerdings funktioniere dieses »unterkomplexe System nicht bei Krankenhäusern«, so DKG-Chef Gerald Gaß. »Ein auf eine bestimmte Behandlung hochspezialisiertes kleines Krankenhaus mit exzellenter Qualität, dem das Ministerium nun Level 1 zuteilt, kann so im Vergleich zum nicht spezialisierten Level-3-Haus das Nachsehen haben.« Wofür der neue Klinikatlas dagegen auf jeden Fall sorgen werde, ist noch mehr Bürokratie. Denn für das »Transparenzverzeichnis« müssen Kliniken zusätzliche Daten melden.

Der Deutschen Stiftung Patientenschutz fehlen im neuen Atlas »entscheidende Angaben«. Zum Beispiel werde die Qualität der Patientensteuerung nicht erfasst, erklärte Vorstand Eugen Brysch. Nach wie vor mangele es an verbindlichen Leitlinien und Bewertungsfaktoren, die die Arbeit am und mit dem Patienten in den Blick nehmen. Brysch wies zudem darauf hin, dass ältere Menschen deutlich häufiger stationär versorgt würden und betagte Patienten mit Mehrfacherkrankungen mehr Zeit für eine gelungene Therapie benötigten. »Die Komplikationsrate ist bei dieser Patientengruppe immer höher als im Durchschnitt.«

Das »Bündnis Klinikrettung« schließlich kritisiert seit längerem, dass kleine und mittlere, für die wohnortnahe Versorgung wichtige Kliniken bei der Reform das Nachsehen haben werden. Für die Erfassung der Qualitätskriterien würden komplexe und technisch anspruchsvolle Verfahren entwickelt. Das könnten die kleineren Einrichtungen finanziell und personell nicht so einfach stemmen. »In der Folge wird ihnen die Qualität abgesprochen.« Große Kliniken hingegen könnten »ganze Abteilungen für Qualitätsmanagement aufbauen und werden die Gewinner der Reform sein«. Der neue Klinikatlas dürfte diesen Prozess nicht nur dokumentieren, sondern befeuern.

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