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Aus: Ausgabe vom 18.04.2024, Seite 8 / Feuilleton
Jesiden in der BRD

»In Deutschland ist ihre größte Diasporagemeinde«

Kurdisches Filmfestival in Düsseldorf will Geschichte, Kultur und Vertreibung von Jesiden thematisieren. Ein Gespräch mit Adil Demirci
Interview: Henning von Stoltzenberg
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Mit den Mitteln des Films soll dieses Jahr auch in Düsseldorf auf meist unbeachtetes Leid aufmerksam gemacht werden (Symbolbild, Berlin, 8.10.2020)

Mit mehreren Vorführungen auf dem bevorstehenden kurdischen Filmfestival in Düsseldorf wollen Sie die Geschichte sowie die aktuelle Situation der Jesidinnen und Jesiden in den Fokus rücken. Dieser Schwerpunkt soll ein Bewusstsein für deren Herausforderungen und Vielfalt schaffen. Wie kann man das mit dem Mittel des Films erreichen?

Wie es in unserem Aufruf heißt: »Mit einem Kino, das Licht auf die dunklen Bereiche unserer Gesellschaft richtet, erschafft das kurdische Filmfestival eine Atmosphäre, in der Träume fliegen lernen und Gedanken in die Weite des Horizonts reisen.« Der Film und solche Filmfestivals sind wichtige Mittel in der Vermittlung von wichtigen Ereignissen. Sie bieten eine kraftvolle Möglichkeit, komplexe Themen wie die Geschichte und die aktuellen Herausforderungen der jesidischen Bevölkerung auf eine emotionale und zugängliche Weise zu vermitteln. Mit verschiedenen Filmen werden wir die Geschichte, Kultur und aber auch die Vertreibung thematisieren.

Vor zehn Jahren griffen IS-Gruppen brutal die Jesidinnen und Jesiden der Şengal-Region in Südkurdistan an. Über 400.000 Menschen wurden vertrieben, über 200.000 leben heute in Deutschland. Damit ist in Deutschland die größte jesidische Diasporagemeinde weltweit. In den Gesprächsrunden nach den Filmvorführungen haben die Zuschauer die Möglichkeit, sich mit den Regisseuren und Filmemachern auszutauschen. Wir denken, dass die Diskussionen und Gesprächsrunden nach den Filmvorführungen ein Bewusstsein für die Vielfalt und die Herausforderungen der Jesidinnen und Jesiden schaffen können.

Braucht es ein solches Festival, weil auch Programmkinos in Deutschland diese Filme sonst nicht zeigen?

Solche Festivals bieten eine Plattform für Filme, die möglicherweise nicht das Mainstreaminteresse ansprechen oder die von größeren Verleihern übersehen werden. Durch die Organisation von Vorführungen, Diskussionen und anderen begleitenden Veranstaltungen können Festivals dazu beitragen, das Bewusstsein für diese wichtigen Themen zu schärfen und den Dialog darüber zu fördern. Solche Arten von Festivals spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Dokumentarfilmen und Kurzfilmen, die wichtige soziale oder kulturelle Themen behandeln.

Was können Sie zu den Filmen und Gästen des Festivals sagen?

Wir freuen uns, dass wir die Eröffnung am 25. April um 20 Uhr im Ufa-Palast mit dem Film »Rojbash« von Özkan Küçük starten. Es ist die Premiere in europäischen Kinos. Küçük und das Team werden aus Diyarbakır anreisen. Dazu freuen wir uns auch, dass die Filme von den bekannten Regisseuren wie Mano Khalil, Devrim Tekinoğlu, Hanna Polak, Sevinaz Evdike und Cemile Sahin zeigen können. Der Film »Sieger Sein« von der kurdischen Regisseurin Soleen Yusef, der auf der Berlinale als bester Kinderfilm gekrönt wurde, wird auch im Rahmen des Festivals gezeigt. Im Anschluss gibt es eine Gesprächsrunde mit ihr. Daneben werden wir auch zwei Veranstaltungen zu den Themen »Kurdisches Kino und die Bedeutung von Filmfestivals« mit mehreren Regisseuren und »Die Jesiden in der Diaspora« organisieren sowie eine Lesung mit Halim Youssef am Samstag um 14 Uhr in der Buchhandlung »Bibabuze«.

Werden Sie einen besten Film küren oder ähnliche Preise vergeben?

Ja, Sonntag abend werden auf unserer Abschlussveranstaltung vier Kurzfilme aus den vier kurdischen Gebieten einen Preis bekommen. Dazu werden wir auch noch drei weitere Filme auszeichnen. Dafür haben wir eine dreiköpfige Jury gebildet. Die Abschlussveranstaltung wird auch mit einem Musikprogramm begleitet.

Adil Demirci ist Mitglied im Vorbereitungsteam des kurdischen Filmfestivals in Düsseldorf und ist Vorsitzender des Vereins Stimmen der Solidarität – Mahnwache Köln e. V.

Infos unter: https://dkff.de

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