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Aus: Ausgabe vom 10.05.2023, Seite 15 / Antifaschismus
»European Fight Night«

Neonazis erhalten Ausreiseerlaubnis

Von Henning von Stoltzenberg

Hamburg. Die hiesigen Behörden sind mit ihrem Vorhaben, die Teilnahme von deutschen Neonazis an einem ungarischen Szenekampfsportevent zu verbieten, in zahlreichen Fällen vor Gericht gescheitert. Das ergab eine Recherche des Norddeutschen Rundfunks (NDR), wie der Sender am Sonnabend berichtete. In Nordrhein-Westfalen sollte zahlreichen Faschisten, die in Ungarns Hauptstadt an der »European Fight Night« teilnehmen wollten, die Reise nach Budapest untersagt werden.

Dieses Event wird hierzulande von den Behörden als Ersatzveranstaltung für das seit 2019 verbotene Turnier »Kampf der Nibelungen« gewertet, wie ein Sprecher dem NDR sagte. Es seien deutliche personelle, ideologische und organisatorische Parallelen zwischen den beiden Kampfsportveranstaltungen zu erkennen. Mitorganisatoren der internationalen Kampfsportveranstaltung in Budapest waren neben der »Legio Ungaria« und »Pride France« auch deutsche Neonazis, die hinter dem Label »Kampf der Nibelungen« stecken.

Seit Wochen war auch in der BRD für das Event geworben worden, bei dem 15 Neonazikämpfer aus verschiendenen Ländern gegeneinander antreten sollten. Polizeibekannten Rechten waren dem Bericht zufolge unter anderem die Pässe vorübergehend entzogen worden. Dazu verhängte die Polizei Meldeauflagen, die besagten, dass sich die Betroffenen am Wochenende mehrmals bei Polizeidienststellen melden müssten. Allein die Stadt Dortmund untersagte acht Szeneangehörigen die Ausreise, weitere Anordnungen gab es unter anderem in Bochum und Düsseldorf.

Mehr als 20 Personen gingen juristisch gegen die Ausreiseverbote vor. Allein vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatten 15 Betroffene Klage eingereicht, um die Auflagen der Polizeibehörden und Städte anzufechten. In allen Fällen gab das Gericht den Neonazis im Eilverfahren recht, sie durften daher nach Ungarn ausreisen. Ein Gerichtssprecher erklärte auf NDR-Anfrage, dass die Behörden nicht ausreichend hätten darlegen können, dass sie Straftaten der braunen Reisegruppe in Ungarn erwarten. Gleiches ereignete sich in Minden (sechs Fälle), Dresden (vier Fälle) und Düsseldorf (ein Fall). Weitere Klagen sind noch anhängig. Begründet wurden die Ausreiseverbote unter anderem damit, dass deutsche Neonazis mit ihrem Auftreten im Ausland das Ansehen der Bundesrepublik schädigen würden.

Dem Naziregime waren Hunderttausende Ungarn zum Opfer gefallen, insgesamt wurden etwa 565.000 ungarische Jüdinnen und Juden von deutschen Faschisten und ihren Kollaborateuren ermordet. Diese Begründung reichte den Verwaltungsrichtern jedoch offensichtlich nicht aus.

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