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Aus: Ausgabe vom 03.11.2018, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: 12.000 Abschiebungen – bis jetzt

Im ersten Halbjahr 2018 wurden gut 12.000 Personen aus der Bundesrepublik in andere Länder abgeschoben; die Zahl bewegt sich damit wie in den Vorjahren auf einem hohen Niveau. Hauptzielländer der Luftabschiebungen waren Italien (1.692), Albanien (1.126), Serbien (785), Kosovo (707) und Mazedonien (623). Von den Abschiebungen wurden 255 durch die Bundespolizei veranlasst, die übrigen durch die Bundesländer. Die meisten Personen wurden aus Nordrhein-Westfalen (3.378), Bayern (1.762) und Baden-Württemberg (1.597) abgeschoben. Unter ihnen waren knapp 5.000 Flüchtlinge, die in andere EU-Staaten überstellt wurden, weil diese gemäß der Dublin-Verordnung für die Bearbeitung ihrer Asylanträge zuständig sind. Die Zahl der »Dublin-Überstellungen« ist damit im Vergleich zu den Vorjahren weiter gestiegen: Im Jahr 2017 gab es rund 7.100, 2016 waren es noch knapp 4.000. Hauptzielländer im ersten Halbjahr 2018 waren Italien, Spanien und Frankreich. Knapp ein Zehntel der im ersten Halbjahr 2018 per Dublin-Überstellung Abgeschobenen wurde im Rahmen von Sammelabschiebungen per Charterflug in andere EU-Länder gebracht, insgesamt 485 Personen auf 17 Flügen, die meisten davon nach Italien. Der Anteil der Charterflüge an Dublin-Überstellungen ist damit stark angestiegen. Im gesamten Vorjahr waren es noch 153 Menschen auf sieben Flügen, 2016 waren es 26 Menschen auf zwei Flügen.

989 Abschiebungen sind in letzter Minute gescheitert, davon in 641 Fällen aufgrund von Widerstandshandlungen; 141 konnten aus medizinischen Gründen nicht durchgeführt werden. Auch hier steigen die Zahlen an, was nicht zuletzt ein Effekt von Überraschungsabschiebungen ohne Vorankündigung ist: Betroffene können häufig erst im letzten Moment auf etwaig bestehende Abschiebungshindernisse, etwa medizinische Gründe, hinweisen. Oder sie setzen sich angesichts der überfallartigen staatlichen Zwangsmaßnahme verzweifelt zur Wehr. – Die Zahlen gehen auf kleine Anfragen der Linksfraktion im Bundestag zurück.

Laut einem Papier der Innenministerkonferenz vom Juni 2018 konnten 2017 7.100 Abschiebungen aufgrund nicht erfolgter Zuführungen nicht durchgeführt werden. 9.700 Abschiebungen im Jahr 2017 sind von Bundespolizisten begleitet worden, 2.900 Abzuschiebende wurden im Flieger von privatem Sicherheitspersonal bewacht.

29.522 Ausländer sind nach Angaben der Bundesregierung im vergangenen Jahr »freiwillig« ausgereist – häufig allerdings unter dem Druck einer akuten Abschiebungsandrohung. Im Jahr davor waren es noch fast doppelt so viele. (uj)

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