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Aus: Ausgabe vom 08.06.2018, Seite 10 / Feuilleton

Worte im Gesicht

Die Infrarotuntersuchung eines Gemäldes aus der »Blauen Periode« des spanischen Malers Pablo Picasso (1881–1973) hat Aufschlüsse über dessen Arbeitsweise erbracht. Unter den oberen Farbschichten des Gemäldes »Mutter und Kind am Strand« (1902) entdeckten Wissenschaftler zwei Worte aus der französischen Tageszeitung Le Journal vom 18. Januar 1902: »l’Automobile« und »président«. Sie fanden sich im Gesicht der Frau. Möglicherweise nutzte Picasso die von ihm häufig gelesene Zeitung, um ältere Farbschichten abzudecken. Er verwendete seine Leinwände oft mehrfach. Bei der Untersuchung des Bildes in einem japanischen Museum tauchte unter der Oberfläche eine weitere Szene auf, in der eine Frau mit einem Absinthglas an einem Tisch zu sehen ist. In der Blauen Periode (1901–04) entwickelte Picasso einen unverwechselbaren Stil. Die düsteren, melancholischen Gemälde zeigten vor allem Außenseiter der Gesellschaft: Prostituierte, Trinker, Obdachlose und andere im alltäglichen Überlebenskampf. »Mutter und Kind am Strand« hängt bis Mitte August im Pola-Museum im japanischen Hakone und soll dann bis Januar 2019 im Musée d'Orsay in Paris zu sehen sein. (dpa/jW)

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