Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2024
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Aus: Ausgabe vom 02.12.2017, Seite 10 / Feuilleton
»Macht’s gut«

Letzte Station seiner Abschiedstournee: Hannes Wader in Berlin

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Es sah nicht so aus, als fiele ihm das Abschiednehmen besonders schwer. Beinahe beschwingt schritt Hannes Wader am Ende seines knapp zweieinhalbstündigen Konzerts in Berlin von der Bühne. »Dort, wo alles begonnen hat vor 55 Jahren« und wo er »ungezählte Male« aufgetreten ist, verkündete er am Donnerstag auch den Entschluss, sein Tourneeleben für immer zu beenden.

Von schwindenden Kräften, die er noch unlängst beklagt hatte, war an diesem Abend jedenfalls nichts zu spüren: Die rund 3.500 Zuschauer im seit Monaten ausverkauften Tempodrom erlebten einen Liedermacher, der stimmlich in Belcanto-Bestform war, meisterhaft an der Gitarre, textsicher, entspannt und überaus pointiert wie selbstironisch bei den Einleitungen zu seinen Stücken.

Geboten wurde ein Querschnitt durch Waders gesamtes Repertoire mit deutlich politischeren Akzenten als bei den letzten Tourneen. Angesichts des derzeitigen Rechtsrucks nicht unbedingt verwunderlich. Berührend die Reminiszenz an einen Auftritt mit Hans Lauter (1914–2012) am Leipziger Völkerschlachtdenkmal im Sommer 2010, bei dem beide »Die Moorsoldaten« vorgetragen hatten. Lauter war damals der letzte Überlebende des KZ Börgermoor, in dem das antifaschistische Widerstandslied entstand, das an diesem Abend so wenig fehlen durfte wie die Partisanenhymne »Bella Ciao«. Pierre Bourdieus Diktum »Man kann seiner Klasse nicht entkommen, man kann sie nur verraten«, bekannte Wader, habe ihn zu dem Talking-Blues (»eine antike Form des Rap«) »Da wo ich herkomme« inspiriert, der vom Publikum mit Beifall zwischen den Strophen aufgenommen wurde. Eine kraftvolle Aktualisierung des Revolutionsklassikers »Trotz alledem« ermutigt zum Kampf gegen die Resignation und dazu, »Sand im Getriebe der Profitmaschinerie« zu sein – denn schließlich gelte: »Kein Übel währt ewig auf dieser Welt.« Natürlich wurde in einigen Stücken auch Berlin gehuldigt, vorzugsweise als Stadt, aus der man flieht – so in »Schon morgen«(1973) –, oder in der man, wie im Klassiker »Kokain«, heiter untergeht.

»Macht’s gut«, lautete der Titel der Abschiedstournee, die am Donnerstag mit dem Antikriegssong »Sag mir, wo die Blumen sind« zu Ende ging. Davon, dass es künftig keine Einzelkonzerte von Hannes Wader mehr geben wird, war allerdings nicht die Rede. Immerhin. (shu)

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