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Leserbrief zum Artikel Corona: Virale Zeiten vom 26.03.2020:

Alles nur Manipulation?

Der Anlass für diese Mail ist die Berichterstattung über die Corona-Krise. Als experimenteller Physiker bin ich zwar auf diesem medizinischen Gebiet kompletter Laie, aber einige Erfahrungen mit der Auswertung experimenteller Daten habe ich natürlich und mache mir so meine Gedanken. Um es gleich zu benennen: Von den heutigen Artikeln von Knut Mellenthin auf der Schwerpunktseite 3 hätte ich etwas mehr Infos erwartet. Ich habe da mehrere Kritikpunkte:
1. Die Kritik am Robert-Koch-Institut mag durchaus berechtigt sein, aber warum weist der Autor nicht auch auf nützliche Seiten des RKI hin? Immerhin ist es eine offizielle staatliche Einrichtung und keine private Johns-Hopkins-Universität (JHU) aus den USA, von deren Zahlen man in unseren Mainstreammedien täglich erfährt. Welche geheimen Quellen werden wohl diese Leute haben, die das RKI nicht hat, und wieso werden diese Zahlen täglich bei ARD und ZDF ungeprüft mitgeteilt?
Es sind vermutlich gar keine geheimen Quellen, sondern diese Zahlen stammen von Modellrechnungen, deren technische Hintergründe man auf den Webseiten der JHU in Zusammenhang mit einer Pandemie-Simulation (s. u.) nachlesen kann. Das habe ich aber noch nie bei der Nennung dieser Zahlen im TV/Radio dazusagen gehört.
Nebenbei: Diese JHU hatte im Oktober vorigen Jahres die Simulation einer Pandemie mit Corona-ähnlichen Viren durchgeführt, über deren Ergebnisse in New York berichtet wurde, verbunden mit Empfehlungen für die betroffenen Regierungen. Interessanterweise entsprechen die z. Z. z. B.von der BRD getroffenen Maßnahmen exakt diesem im Oktober 2019 vorgestelltem Szenario.
Aber ich möchte lieber auf einen Bericht des RKI mit belastbaren Daten hinweisen, den sich jeder internetfähige Bürger auf deren Homepage besorgen kann. Es ist der Bericht des RKI zur Influenzasaison 2018/19, den ich auch dieser E-Mail anhänge. Dort geht es ab S. 46 im Kapitel 5.3 um »Influenza-bedingte Todesfälle (Exzess-Schätzungen)«. Man findet dort Erläuterungen und dann auch entsprechende Tabellen mit Vertrauensintervallen. Interessant ist die Tabelle 3 auf Seite 47. Rechnet man die 25.000 (Exzess-)Toten aus dem Winter 2017/18 geteilt durch 365 Tage, dann sind das etwa 70 Tote pro Tag. Aber, da die Grippe sich nur über ein Vierteljahr erstreckt, sind das während der Grippewelle etwa 280 Tote pro Tag, die aber auch da nicht gleichmäßig verteilt auftreten, sondern auch an manch einem Tag vielleicht 500 oder mehr ...
Was ist da anders als bei dem jetzigen Virus? Man hatte keine Medienaufmerksamkeit, deshalb gab es das in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit scheinbar nicht!
2. Es gibt in zunehmenden Maße Fachleute, die die von unserer Regierung getroffenen Corona-Maßnahmen als maßlos übertrieben einschätzen. Einer davon ist der Lungenfacharzt Dr. Wolfgang Wodarg (aber bei weitem nicht der einzige), der auch eine eigene Website unterhält (wodarg.com).
Ich habe mich mit seinen Einschätzungen und Erläuterungen der aktuelle Lage und der Situation während ähnlicher Virenepedemien (Vogelgrippe, Schweinegrippe) etwas näher befasst und komme als Laie auf diesem Gebiet zur Annahme, dass seine Argumente begründet sind. Nicht zuletzt auch deswegen, weil er nicht ein x-beliebiger Wichtigtuer ist, sondern offensichtlich einen tieferen Einblick in die Problematik hat, die er z. B. bei seinen Tätigkeiten im Bundestag und im Europarat (u. a. im EU-Rat Vorsitzender des Unterausschusses Gesundheit, Beantrager eines Untersuchungsausschusses zur sog. »Schweinegrippe«, dessen Berater er bis zum Frühjahr 2010 war). Außerdem war er Leiter eines Gesundheitsamtes in Schleswig/Holstein.
Über dessen Argumente will ich mich hier nicht auslassen, man kann sie leicht auf seiner Homepage nachlesen/-hören.
Was mich nur verwundert, dass man in einem solch großen Artikel (»Virale Zeiten«) mit keinem Wort auf die Gegenstimmen zur aktuellen Corona-Hysterie eingeht. Man könnte doch wenigstens erwähnen, dass es »einzelne Spinner« gibt, die die Frechheit haben, die aktuellen Notfallpläne der Bundesregierung in Frage zu stellen, die ja offensichtlich schon lange in der Schublade vorlagen, wie es im Artikel thematisiert wird. Nach Herrn Wodargs Aussage ist die damalige Schweinegrippen-Epidemie 2009/10 vom Untersuchungsausschuss als »Fake-Pandemie« entlarvt worden, wobei die WHO schon damals eine mehr als dubiose Rolle spielte. Im Hauptartikel von Mellenthin werden ja auch WHO-Zahlen zur Schweinegrippe (Infizierte/Tote) kommentarlos und ungeprüft mitgeteilt. Die Wodargschen Angaben dazu sind deutlich geringer (s. o. Fake-Pandemie).
Durch diesen Gegenstand angeregt, habe ich selber einmal zur WHO recherchiert und stellte verblüfft fest, dass diese Organisation schon seit sehr langer Zeit nur noch zu ca. 20 Prozent von Pflichtbeiträgen der Mitgliedsstaaten finanziert wird und zu ca. 80 Prozent gleich 4/5 aus verschiedenen privaten Quellen, u. a.:
– Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung
– Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (Pharmaindustrie?)
Quelle: Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, Sachstand WHO, Drucksache WD 2 - 3000 - 013/19 (vom 14. März 2019, leicht im Internet zu beschaffen; im Netz findet man leicht sehr viele äußerst kritische Einschätzungen dieser Organisation.)
Sollte das einem gesellschaftswissenschaftlich gebildeten Menschen (wie es z. B. die meisten DDR-Bewohner mit Schul- und teilweise Hochschulbildung waren) nicht zu denken geben? Insbesondere dann, wenn es stimmt, was Herr Wodarg behauptet, dass die WHO im Zusammenhang mit der Schweinegrippe ihre eigenen Kriterien zur Definition einer Pandemie deutlich abschwächte. Es wurden die Kriterien »schwere Krankheitsverläufe« und »viele Todesfälle« herausgenommen und nur noch 1. die Neuartigkeit des Erregers und 2. die schnelle weltweite Verbreitung als Kriterien belassen...
Zumindestens scheint mir die Erforschung und Darstellung der dubiosen Rolle der WHO in den letzten 20 bis 30 Jahren eine wichtige Arbeit zu sein, deren Ergebnisse man z. B. auf einer Themendoppelseite (S. 12/13) veröffentlichen könnte. Vielleicht gibt es ja dazu schon Ermittlungen, die man vorstellen könnte.
Aus meiner Sicht würde es einer linken Tageszeitung wie der jW gut anstehen, etwas tiefer hinter die Ursachen der Ausrufung der Coronapandemie/-katastrophe zu schauen. Die für mich entscheidende Frage: Wer sind die Nutznießer dieser aktuell getroffenen Maßnahmen? Wie man aus meinem bisherigen Auslassungen merken kann, meine ich dabei aber nicht vordergründig unsere Volksgesundheit ...
Hans Langhammer
Veröffentlicht in der jungen Welt am 28.03.2020.
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