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Leserbrief zum Artikel Corona: Virale Zeiten vom 26.03.2020:

Unter die Haut

Corona baut die Welt um – wie, entscheiden (nicht) wir: Am 16. März 2020 veröffentlicht der Focus-online-Autor Ulrich Reitz eine Kolumne mit der Überschrift »Coronakrise ist eine Chance für die Digitalisierung unseres Lebens« und lässt damit die Debatte anklingen, die nach Corona an Fahrt gewinnen wird. Bargeld und Arbeitsplatz gelten als ideale Orte zur Übertragung des Virus. Dezentrales Arbeiten und die Abschaffung des Bargelds könnten dagegen dazu beitragen, eine ähnliche Situation, wie wir sie heute erleben, wenn nicht zu verhindern, so doch erheblich zu entschärfen. Mit bargeldloser Bezahlung ist aber nicht das Bezahlen mit Karte oder Smartphone gemeint, sondern mit einem RFID-Chip: RFID bedeutet Radio Frequency Identification. Der Chip ist etwa einen Zentimeter groß und wird unter der Haut zwischen Daumen und Zeigefinger implantiert. Auf ihm sind Adresse, Kontodaten, Blutgruppe, Arztbesuche, Medikamente, Krankheiten und Versicherungen gespeichert. Eine winzige Antenne kann die Daten in den Äther funken. Aber das sind nur die Anfänge eines transhumanistischen Trends, der in Zukunft unseren Alltag regulieren wird. Am 24. März 2020 sagt Scheuer, dass nach »Corona« die Digitalisierung einen ungeahnten Schub erfahren werde. Denn im weiteren wird der Chip in der Lage sein, das Blut zu analysieren und die Daten in Echtzeit an eine Datenbank zu senden. Durch den Abgleich aller eingehenden Daten könnte eine Epidemie schon im Keim erstickt werden. Wollte man wieder von einem »Frühwarnsystem« sprechen – nun, das wäre eins. Für uns »Coronageschädigte« klingt das vernünftig, für Unternehmen aus diesem Bereich lukrativ. Ist doch für alle das »Coronavirus« ein starkes Argument (…) für eine Welt, in der man nichts und niemanden mehr berühren muss. Berechtigterweise ist auch hier Skepsis geboten. In Anbetracht dessen, dass wir uns bereits im Zeitalter des Überwachungskapitalismus befinden, werden die Gesundheitsdaten in die Wertschöpfungsketten hineingewoben. Das heißt, dass damit natürlich in erster Linie Geld verdient wird. Wodurch weder mehr Schutz noch mehr Sicherheit gewährleistet sind. Wohl aber der Profit von beispielsweise Versicherungen und Krankenkassen. Gleichzeitig werden Überwachung und Kontrolle seitens der Staaten und Geheimdienste nicht länger übers Smartphone – das man ja mal zu Hause vergessen kann – stattfinden, sondern direkt und permanent unter der Haut. Ab jetzt sind wir nicht nur potentielle Terroristen, sondern auch potentielle Infizierte. Dass »Corona« die Welt ändern wird, ist klar. Aber in welche Richtung diese Änderung gehen soll, müssen wir jetzt bestimmen. Die Frage ist, ob eine von »Corona« erpresste vermeintliche Sicherheit der Freiheit vorzuziehen wäre, die wir jetzt und nach »Corona« wieder neu erobern müssen.
Dennis Hoffmann
Veröffentlicht in der jungen Welt am 26.03.2020.
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