Leserbrief zum Artikel Faschismus: Der Dammbruch
vom 08.02.2020:
Finger in die Wunde
Der Autor legt den Finger in die Wunde beschwichtigender Selbstvergewisserung und erinnert daran, dass defensive Reaktionen der faschistischen Gefahr erst recht Brennstoff geben. So unbeliebt seine Beurteilung bei vielen sein mag, so notwendig ist sie, um der Beschleunigung auf der Rutsche in eine sogenannte Mitte, die als Vorhof faschistischer Ermächtigung nur eine Marschrichtung kennt, Einhalt zu gebieten. Der um sich greifende Minimalkonsens der Verteidigung des liberalen Rechtstaates lässt all das vergessen, was an notwendiger Überwindung herrschaftlicher Verhältnisse am Anfang jeden emanzipatorischen und sozialrevolutionären Widerstandes steht. Die Rechnung für diese Amnesie wird im Endeffekt viel höher ausfallen als die vermeintlich alternativlose Abkehr von Streitpositionen, um die es in der Geschichte der radikalen Linken stets an erster Stelle ging.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 12.02.2020.