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Gegründet 1947 Freitag, 19. April 2024, Nr. 92
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Die junge Welt bietet klaren linken Positionen eine Plattform, stellt sich gegen den herrschenden Zeitgeist. Zu den politischen Entwicklungen in- und außerhalb Deutschlands sorgt sie für Information und Aufklärung und verbindet Menschen, die nach fortschrittlichen gesellschaftlichen Alternativen streben. Mit einem Abonnement der Zeitung stärken Sie dieses Projekt. Stehen Sie in diesen Zeiten nicht allein.

Berichte

  • Friedenspropaganda

    Warum die Verfassung dieser Republik nicht die unsere ist – und wir sie trotzdem verteidigen
    Dietmar Koschmieder
    Die Teilnehmer einer Kundgebung gegen den Radikalenerlass stehen
    Die Teilnehmer einer Kundgebung gegen den Radikalenerlass stehen am 10.12.2014 auf dem Schlossplatz in Stuttgart

    Die »freiheitlich-demokratische Grundordnung« ist nicht unsere, sondern die des bürgerlichen Staates Deutschland – der aber auch nicht unser Staat ist. Trotzdem verteidigen wir die im Grundgesetz nach Hunderten von Änderungen noch festgeschriebenen bürgerlichen Rechte gegen all jene, die diese weiter schleifen wollen. Die bisherigen Eingriffe in das Grundgesetz markieren die Entwicklung dieser Republik: Um 1956 die Bundeswehr einführen zu können, änderte man das Grundgesetz an 16 Stellen und baute sie zur sogenannten »Wehrverfassung« um. Als weitere große Neuerung fügte der Bundestag 1968 die Notstandsgesetze hinzu, die unter anderem im Kriegsfall oder bei einem »inneren Notstand« die dramatische Einschränkung demokratischer Grundrechte vorsehen, ohne dass die betroffenen Bürger sich auf dem Rechtsweg dagegen wehren könnten. Das wiederum wird als »Notstandsverfassung« bezeichnet. Wie immer erfolgte der Abbau demokratischer Rechte angeblich nur, um die Verfassung zu schützen, wie es die Bundeszentrale für politische Bildung in einem Beitrag formuliert: »Verfassungsänderungen blieb es vorbehalten, einzelne Grundrechte erheblich einzuschränken: Beschränkungen des Post- und Fernmeldegeheimnisses wurden zum Zweck des Schutzes der Verfassung erleichtert; die Unverletzlichkeit der Wohnung durch Zulassung des ›großen Lauschangriffs‹ eingeschränkt; das Asylrecht politisch Verfolgter in weiten Teilen abgeschafft.« (bpb.de)

    Doch selbst bei den verbliebenen Grundrechten gibt es zwischen Anspruch und Wirklichkeit große Unterschiede. Der Kabarettist Dietrich Kittner spitze dies auf die Aussage zu: »Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Es sei denn, er hat eine.« Mit der Einführung der verfassungswidrigen Berufsverbote durch Willy Brandt und die Ministerpräsidenten 1972 wurde festgelegt, dass alle Beamte aktiv für die »freiheitlich demokratische Grundordnung« einzutreten hätten. Mehrere Millionen Beamte und Anwärter wurden seither per Regelanfrage beim Verfassungsschutz auf ihre politische Gesinnung hin überprüft. Die Folgen: unzählige Berufsverbotsverfahren, Tausende von Disziplinarverfahren, Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst oder die Verweigerung der Aufnahme in diesen. Als Grundlage wurden »gerichtsverwertbare Erkenntnisse« der Geheimdienste genutzt, wobei es sich dabei bei diesen meistens um Belege für aktives demokratisches Engagement der Delinquenten handelte: Mitgliedschaft in einer zugelassenen Partei, offizielle Teilnahme an Wahlen als Kandidat einer zugelassenen Partei, Teilnahme an Gewerkschaftsveranstaltungen gegen das Wiedererstarken faschistischer Kräfte, Durchführung von Soliveranstaltungen zum Beispiel gegen das Pinochet-Regime in Chile (nur einige Beispiele aus den Prozessakten des Autors dieses Beitrags).

    Zwar schaffte als letztes Bundesland Bayern die Regelanfragen ab, gleichzeitig wurde dort eine neue Form des »Radikalenerlasses« eingeführt: Jeder Bewerber für den öffentlichen Dienst musste in einer Liste markieren, ob er Mitglied oder Unterstützer einer nach Ansicht der Behörde verfassungsfeindlichen Organisation sei. Wer beispielsweise die dort aufgeführte Partei Die Linke oder eine ihrer Vorgängerorganisationen angab, konnte vom Verfassungsschutz überprüft und abgelehnt werden. Und dass nach 1989 Zigtausenden ehemaligen DDR-Bürgern die weitere Ausübung ihres bisherigen Berufes aus politischen Gründen verboten wurde, ist eines der weitgehend unbeleuchteten Kapitel der sogenannten Wende.

    In Deutschland soll Artikel 5 des Grundgesetzes die Pressefreiheit sowie die Meinungs- und Informationsfreiheit gewährleisten. Auch hier entspricht der Anspruch nicht den Realitäten: Die Tageszeitung junge Welt wird vom sogenannten Verfassungsschutz behindert. Für von ihr vertretene nichtgenehme Positionen darf keine Werbung gemacht werden. Mit der einleuchtenden Begründung, das sei Friedenspropaganda. Mit einem Abonnement dieser Zeitung können Sie mithelfen, für Klarheit in den Köpfen zu sorgen.

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    Die XXIII. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13. Januar 2018: Informationen zum Programm und zum Vorverkauf finden Sie in der kommenden Wochenendausgabe der jungen Welt an dieser Stelle!

  • Konsequente Analyse

    Die Verantwortung der Medien für die Rechtsentwicklung in Europa
    Dietmar Koschmieder
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    Tägliche Aufklärung gegen rechte Demagogie

    Wenn fast überall in Europa die Rechten auf dem Vormarsch sind, hat das viel mit dem Agieren bürgerlicher Medien zu tun: Statt rechte Demagogie zu entlarven, stellen sie diese oft in den Mittelpunkt ihrer Berichterstattung. Menschen, die fliehen, weil sie in ihrer Heimat keine Lebensgrundlage mehr sehen, tauchen dort vor allem als Gefährder auf: Sie konkurrieren »mit uns« um den schwachen Sozialetat, bedrohen »unsere« Frauen und als potentielle Terroristen gar »unser« Leib und Leben. Im Politikersprech lauten die Konsequenzen »Ausländer raus!« oder in abgemilderter Form »Wir können nicht allen helfen!« Die simple Feststellung der Aufklärung, der Französischen Revolution, der UN-Menschenrechtscharta, nach der alle Menschen gleich sind und gleiche Rechte haben, völlig egal, woher sie kommen, spielt in den meisten Medien keine Rolle mehr.

    Diese Entwicklung ist keineswegs überraschend: Wenn der gemeinsam erarbeitete Reichtum nicht allen, sondern nur einer kleinen Oberschicht zur Verfügung gestellt wird, führt das zu sozialen Verwerfungen. Und zwar nicht nur in Asien oder Afrika, sondern eben auch in Europa. Dies wird in den meisten Medien nicht thematisiert. Auch nicht, dass viele europäische Regierungen gegen den Willen der eigenen Bevölkerung Wirtschafts- und heiße Kriege führen, um der von ihr vertretenen Oberschicht ökonomische Vorteile auf allen Kontinenten zu sichern. Folge dieser Politik ist, dass viele Millionen Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Von den Medien wird allerdings nur ein kleiner Teil dieser Erscheinung wahrgenommen – nämlich jener, der die reichen europäischen Staaten betrifft. Aber auch dort gibt es mittlerweile viele Menschen, die bereits unabhängig von der Zahl aufzunehmender Flüchtender in großen sozialen Schwierigkeiten stecken: Wohnung, Bildung, Gesundheitsfürsorge sind für viele kaum mehr bezahlbar. Arbeit, mit der wenigstens die eigene Reproduktion gesichert werden könnte, wird immer rarer. Auch das hängt damit zusammen, in wessen Interesse Politik gemacht wird. Wenn Politik und Medien diese Zusammenhänge aber nicht aufzeigen, rechte Parolen nicht mit Aufklärung entkräften, können die Betroffenen auch nur schwer erkennen, dass sich ihre Lage durch ausländerfeindliche oder gar rassistische Konzepte keineswegs verbessern lässt. An diesen Zuständen kann langfristig und nachhaltig nur etwas geändert werden, wenn sich immer mehr betroffene und einsichtige Menschen gemeinsam und konsequent für Verhältnisse einsetzen, in denen jedem Menschen ausreichend Gesundheitsfürsorge, Bildung, Kultur, Wohnraum und Arbeit zur Verfügung steht – egal, wo er gerade lebt.

    Die Tageszeitung junge Welt will mit täglicher Aufklärung zu einer solchen Entwicklung beitragen. Ihr konkreter Beitrag könnte ein Abonnement dieser Zeitung sein.

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  • Teil der Kommune

    Profil und Zukunft der Tageszeitung junge Welt haben einen konkreten Preis
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    Das werktägliche Herstellen und überregionale Vertreiben der jungen Welt kostet jeden Monat einen mittleren sechsstelligen Euro-Betrag. Da diese Zeitung aber von Parteien, Kirchen und anderen Organisationen unabhängig bleiben und sich Inhalte auch nicht von Anzeigenkunden diktieren lassen will, braucht sie zur Finanzierung der täglichen Arbeit vor allem Abonnements. Nur durch zuverlässige Einnahmen aus Print- und Onlineabos in ausreichender Höhe kann es sich die junge Welt leisten, professionellen Journalismus zu betreiben. Und dabei die Schwerpunkte ausgehend von den Interessen der Beschäftigten und Arbeitslosen zu setzen und zu analysieren – und nicht von denen der Besitzenden und deren politischem Personal.

    Ignorieren oder diffamieren

    Gerade deshalb reicht es aber nicht aus, jeden Tag eine gute Zeitung zu produzieren. Dass es so ein journalistisches Angebot gibt, muss auf einem hart umkämpften Markt erst einmal bekanntgemacht werden. Wegen unserer inhaltlichen Schwerpunktsetzung ignorieren private und staatliche Medien und Institutionen unsere Arbeit meistens – oder diffamieren uns gar. Zwei aktuelle Beispiele: Das Medienmagazin »Medias­res« (Deutschlandfunk) behauptet in einer Sendung am 3. Oktober 2017, das Neue Deutschland sei die einzige überregionale Tageszeitung aus dem Osten Deutschlands. Und das Landesamt für Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen enthüllte am Donnerstag in seinem Jahresbericht unter dem Kapitel »Linksextremismus« und der Unterrubrik »Veröffentlichungen von Zusammenschlüssen innerhalb der Partei Die Linke«, konkret beim Stichpunkt »Linksjugend«: »Regelmäßige Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt (jW) über die politischen Strukturen innerhalb der Partei Die Linke.« So also stellt sich der Geheimdienst Linksextremismus vor. Kurzum, die junge Welt ist zwar überall erhältlich, dass sie aber auch bekannt und richtig (ein)geschätzt wird, kann nur gelingen, wenn Boykott und Desinformation durch Aktivitäten unseres Verlages und unserer Leserinnen und Leser etwas entgegengesetzt wird. Und diese gemeinsame Arbeit gelingt so erfolgreich, dass die junge Welt auch in Zeiten der Zeitungskrise immer besser wahrgenommen wird.

    Entdecken und handeln

    Aber lange nicht jeder, der die junge Welt für sich entdeckt hat, sie also für gut und wichtig hält, hat diese Zeitung auch abonniert. Deshalb müssen wir regelmäßig darum ringen, gerade diese Leserinnen und Leser davon zu überzeugen, ein Abonnement abzuschließen! Denn jedem muss klar sein, dass Zukunft und Profil der jungen Welt einen ganz konkreten Preis haben: Den Abopreis. Und weil es im realen Leben Unterschiede gibt, gibt es auch hier Varianten, je nach den ökonomischen Möglichkeiten der künftigen Abonnenten. Über das etwas teurere Abo mit Solipreis finanzieren wir das kostengünstigere Sozialabo. Der Preis für das Normalabo liegt dazwischen. Jeder kann frei nach den eigenen Möglichkeiten unter diesen Preisklassen wählen, ein Nachweis für die Nutzung des Sozialabos ist nicht erforderlich. Es gibt weitere Wahlmöglichkeiten: Das Printabo ist teurer als das Onlineabo, weil bei letzterem Druck- und Distributionskosten wegfallen. Andere buchen aus Zeit- oder Geldgründen zunächst ein Wochenendabonnement der Printausgabe. Für die sinnvollste Nutzung halten wir das kombinierte Print- und Onlineabo, auch dafür bieten wir einen Preisnachlass.

    Linke Gegenkultur

    Egal für welche Variante Sie sich entscheiden: Wir brauchen dringend Ihr Abo, um die Produktion der jungen Welt sichern zu können. Aber auch, um fortschrittliche Gegenkultur aufzubauen: Unsere Abogemeinschaft stellt eine linke Kommune dar, die in Zeiten des neoliberalen Durchregierens (egal unter welcher Konstellation) und der erschreckend starken Rechtsentwicklung ein wichtiges Gegengewicht darstellt. Wir laden Sie ein, Teil dieser starken Gemeinschaft zu werden! Jetzt abonnieren!

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  • Starke Gemeinschaft

    Mediale Grundlage für die Vernetzung linker kritischer Kräfte nach dem Rechtsruck
    Dietmar Koschmieder
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    Das Überraschende an den Bundestagswahlen im September war keineswegs das schlechte Abschneiden der Schulz-SPD, auch nicht die Stimmenausbeute der völkischen AfD. Dass die eigentlich überflüssige FDP so sicher den Wiedereinzug in den Bundestag geschafft hat, löst bei vernünftigen Menschen zwar Kopfschütteln aus, erstaunlich war es jedoch nicht. Auch das Ergebnis von Grünen und Linkspartei, als Oppositionsparteien kaum wahrnehmbar, spielte sich im Bereich der zu erwartenden Größenordnung ab. Solche Erwartungen werden in den Wochen vor der Wahl vor allem durch Massenmedien modelliert und das Ergebnis damit nicht unwesentlich beeinflusst.

    Das Überraschende

    Dass auch in diesem Sinne Überraschende an der Bundestagswahl ist das desaströse Abschneiden der CDU/CSU-Fraktion, obwohl Frau Merkel Wahlkampf und Medien bis hin zu detaillierten Vorgaben beim Kanzlerduell beherrschte. Im Vorfeld kam so keinerlei Wechselstimmung auf, Mutti war von allen Medien gesetzt, galt als der politische Stabilitätsfaktor, selbst die Ultrarechten bei den Christdemokraten hielten die Füße still. Damit ist jetzt Schluss: Die Konservativen rutschten bis zur 30-Prozent-Marke ab. Der Rechtsruck, der schon in den Monaten vor der Wahl überall spürbar war, wird nun auch in der CDU/CSU sichtbar: Es wird keine AfD brauchen, um Frau Merkel »zu jagen«. Dieses Geschäft werden ultrarechte Parteifreunde der Kanzlerin schon selbst besorgen.

    Die Kampfbedingungen

    Die Kampfbedingungen für fortschrittliche Kräfte im Lande haben sich allerdings schon vor den Wahlen verschlechtert. Symptomatisches Beispiel ist das martialische Auftreten des Staates in Hamburg im Rahmen der G-20-Proteste, elf Wochen vor der Wahl. Hier wurden demokratische Grundrechte in bisher nicht bekanntem Ausmaß verletzt. Auch eine Verschiebung in der Rechtsprechung ist feststellbar: Wenn der Innenminister vier Wochen vor der Bundestagswahl ohne großen Widerspruch ein Portal wie »linksunten.indymedia« verbieten kann, weil dort Positionen vertreten werden, die über Kapitalismuskritik hinausgehen, weil für eine Gesellschaftsordnung ohne Ausbeutung und Diskriminierung eingetreten wird, dann ist auch ein Verbot der Tageszeitung junge Welt nicht mehr undenkbar. Und nicht zuletzt herrschte schon vor den Wahlen auch unter Linken viel Verwirrung in der Frage, wie der dramatische Abbau sozialer Rechte verhindert werden kann – gemeinsam mit betroffenen Ausländern und Flüchtlingen, nicht gegen sie.

    Kritische Begleitung

    Dem Rechtsruck vor und nach der Wahl können linke Kräfte nur ihre eigene Vernetzung entgegenstellen. Im Bundestag besteht nun die Chance, dass SPD und Die Linke gemeinsam eine scharfe Opposition unter Einbeziehung der Gewerkschaften bilden und linke Bewegungen gegen den Abbau demokratischer und sozialer Rechte und eine neue Friedensbewegung entstehen könnten. Aber auch so eine Entwicklung bedarf einer kritischen Begleitung von links, und zwar nicht nur während ihrer Entstehung: Sobald Sozialdemokraten Regierungsverantwortung übernehmen, sind sie rasch wieder für Kriegführung und Sozialabbau im Interesse des Kapitals zuständig, wie die Geschichte lehrt.

    Linkes Netzwerk

    Als mediale Grundlage für die Vernetzung aller kritischen linken Kräfte bieten wir die Tageszeitung junge Welt an. Sie ist unabhängig von allen im Parlament vertretenen Parteien, lehnt imperialistische Kriege und insbesondere solche mit deutscher Beteiligung grundsätzlich ab und analysiert nationale und internationale Entwicklungen und Ereignisse ausgehend von einem klaren Klassenstandpunkt. Ein Abonnement dieser Zeitung sorgt also nicht nur für tägliche Information und Aufklärung, damit wird man selbst Teil eines linken Netzwerkes: Es ist gut zu wissen, dass man in diesen harten Zeiten mit seiner linken Position nicht alleine dasteht. Jedes Abonnement hilft zudem, dieses Netzwerk zu vergrößern und zu verstärken.

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  • Anker in der Torstraße

    Vor zehn Jahren wurde die jW-Ladengalerie in Berlin eröffnet. Am 7. Oktober wird gefeiert
    Arnold Schölzel
    Volle Ränge gehören zum Programm
    Carmen-Maja Antoni (Schauspielerin)
    Moshe Zuckermann (israelischer Soziologe und Professor für Geschichte und Philosophie)
    Domenico Losurdo (italienischer Autor)
    Rolf Becker (re., Schauspieler) im Gespräch mit Stefan Huth (li., jW-Chefredakteur)
    Peter Bause (Schauspieler)
    Elfriede Brüning (Schriftstellerin)
    Dietmar Dath (Autor und Journalist)
    Alberto Berbes Sainz de la Torre (Sekretär der kubanischen Botschaft), Hans Modrow und Gesine Lötzsch (Partei Die Linke)
    Kurt Pätzold (Historiker und Autor, 1930–2016)
    Gisela Steineckert (Schriftstellerin und Lyrikerin)
    Ronald Paris (Maler und Grafiker)
    Thomas J. Richter (Maler und Grafiker)
    Gabriele Senft (Fotografin)
    Figur (Manfred Wekwerth) der Berliner Bildhauerin Christiane Rößler
    Austellung »Requiem - Menschenbilder« des armenischen Künstlers Archi Galentz
    Momentaufnahme während einer Veranstaltung zum Massaker im Gewerkschaftshaus von Odessa (Mai 2014)
    Buchveröffentlichung »Lenin – Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus«
    Volker Braun (Schrifsteller)

    Schiffe, genauer Boote, in denen Menschen über Meere oder Seen fahren, kommen auf den Bildern des Malers Thomas J. Richter oft vor. Auch auf seinen Grafiken, die er für die junge Welt entworfen hat. Das Wesen dieser Tageszeitung und ihre Situation trifft das: Sie behauptet sich auf einem sogenannten Medienmarkt, auf dem sich vor allem einige Milliardäre tummeln, für die Zeitungen (und deren Personal) Wegwerfproduke, bestenfalls Spielzeug sind. Jüngstes Beispiel ist der Umgang der in Köln ansässigen DuMont Mediengruppe mit ihrer 100prozentigen Tochter Berliner Zeitung: Seit dem Sommer steht das zu DDR-Zeiten errichtete Haus des Berliner Verlages am Alexanderplatz, in dem einst auch die Junge Welt ihr Domizil hatte, leer, weil die Redaktion der Berliner Zeitung faktisch aufgelöst und nach Entlassung zahlreicher Mitarbeiter zu schlechteren Bedingungen in einem anderen Gebäude neu eingerichtet wurde. Die Immobilie am Alexanderplatz dürfte einer renditeträchtigen Verwertung zugeführt werden.

    Das Wasser kapitalistischer Zeitungsmarkt, auf dem sich auch das Schifflein junge Welt bewegt, ist in Wirklichkeit eine Brühe, in der sich vor allem die Dickschiffe sogenannter Verleger tummeln, deren asoziale Niedertracht durch die reaktionäre Gesinnung, mit der sie die Katastrophen ihrer Gesellschaftsordnung tünchen lassen, jederzeit übertroffen wird.

    Um so bemerkenswerter erscheint nicht nur die Existenz dieser Zeitung selbst, sondern auch die ihrer Ladengalerie. Sie wurde einige Monate nach dem Umzug von Verlag und Redaktion in das Bürogebäude Torstraße 6, einen Steinwurf vom Berliner Verlag entfernt, vor jetzt zehn Jahren eröffnet – unter Mitwirkung von Thomas J. Richter, geleitet wird sie seit damals von Michael Mäde. Das 2007 schon einige Zeit leerstehende Erdgeschoss des Hauses hatte etwa zehn Jahre lang ein Autohaus beherbergt. Mäde, Richter und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schafften in den nun vergangenen zehn Jahren etwas, was nicht wenige auch unter den jW-Kollegen als nicht machbar, zumindest als hoch riskant ansahen: Die Ladengalerie hat heute einen festen Platz als Veranstaltungszentrum im kulturellen und politischen Leben Berlins. Sie ist so etwas wie der Anker des jW-Schiffes, ein Punkt, an dem die Hektik des Tageszeitungsbetriebs in Ruhe und Reflexion übergeht, ein Ort, an dem fast im Wochentakt Redakteure und Autoren mit Leserinnen und Lesern sprechen – auf mehr als 500 Veranstaltungen mit über 30.000 Besuchern bis heute. Die Galerie behauptet sich in einer Veranstaltungsszenerie, die täglich neben Eventschwachsinn jede Menge Besuchenswertes anbietet. Mitten in einer Galerielandschaft, die so ziemlich alles zu bieten hat, was der sogenannte Kunstmarkt hergibt. Der sorgt allerdings kaum für Konkurrenz, es genügt, Namen wie Tina Modotti, Jewgeni Chaldej oder Roberto Chile zu nennen, deren Fotografien hier zu sehen waren. Oder Ausstellungen, wie die mit Bildern von DDR-Künstlern zum faschistischen Putsch in Chile 1973, wie die mit Kunst gegen den Krieg, die mit Hilfe großzügiger Sammler zustande kam. Sie haben woanders in Berlin kaum einen Ort. Das gilt auch für die bisher vier Ausstellungen mit DDR-Durckgrafik aus der jW-Kunstsammlung, aber auch für die zahlreichen Einzelausstellungen. Die Präsentation proletarisch-revolutionärer, antifaschistischer und sozialistischer Kunst ist an diesem Ort kein Beiwerk, sondern Programm. Die Musikerinnen und Musiker, die Schauspielerinnen und Schauspieler, die Autorinnen und Autoren, vor allem aber die Besucherinnen und Besucher, die hier im Verlauf der zehn Jahre waren, fanden eine Umgebung vor, in der linke Gegenkultur, die eigene Kulturtradition von Arbeiterbewegung und Widerstand die Atmosphäre bestimmen. Das kommt an.

    Dennoch: Der Ankerplatz in der Berliner Torstraße ist keine Selbstverständlichkeit. Hier muss stets neu vertäut werden. Anker, heißt es im Lexikon, halten aufgrund ihres Gewichtes und ihrer Form. Das gilt auch hier.

    Auf dem Wege. Zehn Jahre junge Welt-Ladengalerie. Veranstaltung in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung am Sonnabend, dem 7. Oktober 2017, in der jW-Ladengalerie, Torstr. 6, 10119 Berlin. Einlass ab 17.30 Uhr, Beginn 18.00 Uhr. Mit: Esther Esche, Nicolas Miquea, Anja Panse, Gina Pietsch, Arnold Schölzel (jW) u. a. mit Texten von Gonzalo Rojas, Georg Maurer, Eberhard Esche und Peter Hacks.

    Eintritt: 10 Euro, ermäßigt 7 Euro. Um Anmeldung wird gebeten, Tel.: 030/53635556, E-Mail: mm@jungewelt.de. Öffnungszeiten der Galerie: Montag bis Donnerstag 11 bis 18 Uhr, Freitag 10 bis 14 Uhr

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