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09.08.2005 / Feuilleton / Seite 13

Kameradschaftshilfe

Deutsche Polizisten waren Mörder und Faschisten: Stefan Klemp legt ein Buch über die ignorierten Kriegsverbrechen der Polizeibataillone vor

Thomas Roth

Der Weg vom Kasernenalltag zum Kriegsverbrechen war nicht weit. Bereits wenige Monate nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde das »Ausbildungsbataillon A« der Kölner Ordnungspolizei nach seiner Umwandlung in das Polizeibataillon 309 »gen Osten« in Marsch gesetzt. Zunächst in Polen stationiert, drang es nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Schatten der Wehrmacht auf damals belorussisches Gebiet vor. Der Kommandeur der Einheit hatte die Polizeibeamten zuvor noch auf ihre künftige Aufgabe eingeschworen: den »rücksichtslosen Kampf« gegen »Bolschewismus« und besonders gegen »das Judentum«. Am 27. Juni 1941 erreichte das Bataillon die Stadt Bialystok, deren Bewohner größtenteils jüdischen Glaubens waren. Als die Kompanieführer der Einheit den Befehl ausgaben, das jüdische Viertel zu durchsuchen, war dies der Auftakt für ein Massaker. Die Polizisten brachen willkürlich in die Häuser der Opfer ein, beraubten, verspotteten und demütigten sie, ermordeten zahlreiche Juden noch in den Wohnungen und nahmen Exekutionen auf offener Straße vor. Schließlich trieben die Polizisten mehrere hundert Menschen in die örtliche Synagoge und steckten diese in Brand. Die Männer des Bataillons 309 bildeten einen Ring um das Gebäude und warteten unter den Schreien der Eingeschlossenen: Wer aus der Synagoge zu flüchten versuchte, wurde per Maschinengewehr niedergestreckt. Zwei Wochen nach dem eigenmächtig durchgeführten Mord an etwa 2 000 Menschen verlieh der zuständige Wehrmachtskommandeur den eifrigsten Akteuren des Massakers Orden für den »Kampfeinsatz«.


Gegenmittel

Die Verbrechen des Polizeibataillons 309 sind durch die Publikationen des Journalisten Heiner Lichtenstein schon längere Zeit bekannt, ebenso wie die Morde anderer Ordnungspolizeieinheiten, die von Christopher Browning u. a. erforscht worden sind. Doch wie viele der weit über 100 Bataillone am Nazi-Vernichtungskrieg beteiligt waren, war lange Zeit unklar. Stefan Klemp, Historiker und Mitarbeiter des Simon Wiesenthal Centers, hat sich daran gemacht, d...




Der Weg vom Kasernenalltag zum Kriegsverbrechen war nicht weit. Bereits wenige Monate nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde das »Ausbildungsbataillon A« der Kölner Ordnungspolizei nach seiner Umwandlung in das Polizeibataillon 309 »gen Osten« in Marsch gesetzt. Zunächst in Polen stationiert, drang es nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Schatten der Wehrmacht auf damals belorussisches Gebiet vor. Der Kommandeur der Einheit hatte die Polizeibeamten zuvor noch auf ihre künftige Aufgabe eingeschworen: den »rücksichtslosen Kampf« gegen »Bolschewismus« und besonders gegen »das Judentum«. Am 27. Juni 1941 erreichte das Bataillon die Stadt Bialystok, deren Bewohner größtenteils jüdischen Glaubens waren. Als die Kompanieführer der Einheit den Befehl ausgaben, das jüdische Viertel zu durchsuchen, war dies der Auftakt für ein Massaker. Die Polizisten brachen willkürlich in die Häuser der Opfer ein, beraubten, verspotteten und demütigten sie, ermordeten zahlreiche Juden noch in den Wohnungen und nahmen Exekutionen auf offener Straße vor. Schließlich trieben die Polizisten mehrere hundert Menschen in die örtliche Synagoge und steckten diese in Brand. Die Männer des Bataillons 309 bildeten einen Ring um das Gebäude und warteten unter den Schreien der Eingeschlossenen: Wer aus der Synagoge zu flüchten versuchte, wurde per Maschinengewehr niedergestreckt. Zwei Wochen nach dem eigenmächtig durchgeführten Mord an etwa 2 000 Menschen verlieh der zuständige Wehrmachtskommandeur den eifrigsten Akteuren des Massakers Orden für den »Kampfeinsatz«.

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