Ein Päckchen Symbolpolitik
Von Luca von Ludwig
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) besinnt sich – pünktlich zu den Feiertagen – auf soziale Themen und kündigte im Interview mit den Zeitungen der »Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft« am Wochenende eine strengere Regulierung des Mietmarktes an, insbesondere bei den sogenannten Indexmietverträgen. Ein entsprechendes Gesetz will sie im kommenden Jahr auf den Weg bringen.
Wurde sie etwa jahreszeitengemäß von drei Weihnachtsgeistern heimgesucht? Wohl kaum. Im Interview jedenfalls wählt Hubig als Einstieg eine Anekdote darüber, wie sie selbst zu Jahresbeginn nach ihrem Amtsantritt auf dem notorisch überhitzten Berliner Wohnungsmarkt nur mit Schwierigkeiten eine Bleibe finden konnte – trotz ihrer, so Hubig wörtlich, »privilegierten Situation«.
Kernpunkt des nun vorgestellten Reformvorhabens sind Indexmietverträge, bei denen die Miete automatisch gemäß der Inflation angehoben wird. Für den Mieter eine offensichtlich nachteilige Situation, denn dass es in der BRD regelmäßig vergleichbare Arrangements bei den Arbeitslöhnen gibt, darf man ausschließen. So können Mieter jährlichen Wohnkostensteigerungen in unerwarteter Höhe entgegenblicken – wie es zum Beispiel in der Folge des Ukraine-Krieges geschah, als die Inflation hierzulande auf über acht Prozent anstieg. Erwartungsgemäß finden sich derlei Mietverträge bevorzugt in den Metropolregionen, wo die Marktlage Wohnungssuchende zwingt, auch solche Geschäftspraktiken der Vermieter hinzunehmen.
Hubig will die Indexmieterhöhung auf 3,5 Prozent deckeln. Scheinbar eine nette Geste, die den Mietern wenigstens ein Stück Planungssicherheit gibt – in Wahrheit jedoch ein billiges Manöver. Denn zur Zeit liegt die Inflationsrate bei gerade einmal 2,3 Prozent. Und von den Monaten nach dem Beginn der Coronapandemie und des Krieges in der Ukraine einmal abgesehen müsste man bis 1993 zurückgehen, um über der von Hubig ins Spiel gebrachten Grenze liegende jährliche Teuerungsraten zu finden. Eine solche »Begrenzung« wäre also, außer in Zeiten historischer Inflationsschübe, eine Luftnummer.
Ähnlich sieht man das beim Deutschen Mieterbund. Dessen Präsidentin, Melanie Weber-Moritz, begrüßte zwar die Pläne in einer Mitteilung vom Montag und bezeichnet die Grenze als »überfälligen Schritt«. Jedoch sei sie noch zu hoch und würde Mieter in Zeiten hoher Inflation doppelt belasten. Im Allgemeinen sollten Indexmieten »bei Neu- und Wiedervermietungen gesetzlich ausgeschlossen werden«.
Ferner will Hubig das Geschäft mit möblierten Wohnungen und Kurzzeitvermietungen eingrenzen. Bei Wohnungen mit mitvermieteter Einrichtung sei es durch den Kostenaufschlag schwer zu erkennen, ob die Mietpreisbremse eingehalten würde, so die Ministerin. Die reine Raummiete solle daher verpflichtend getrennt ausgewiesen werden. Kurzzeitvermietungen sollen effektiver auf das gesetzlich vorgesehene halbe Jahr begrenzt werden, indem die Verkettung immer neuer befristeter Verträge verboten wird. Hubig strebt ein Inkrafttreten der Reformen »spätestens Anfang 2027« an.
Auch diese Maßnahmen könnten zwar Milderung in den Mietwucherhochburgen schaffen, sind aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn auch auf scheinbar entspannten Wohnungsmärkten verschlingen die Mietkosten den größten Teil der Einkommen, ganz ohne Index-, Staffel- oder Kurzzeitmieten. Daran ändert sich auch nichts, wenn man die dreistesten Formen der Überausbeutung der Mieter durch die Immobilienbesitzer einschränkt – so richtig die Stoßrichtung von Hubigs Vorhaben auch sein mag. Ein Grundbedürfnis lässt sich nun einmal nicht widerspruchsfrei marktförmig organisieren.
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