Gegründet 1947 Dienstag, 16. Dezember 2025, Nr. 292
Die junge Welt wird von 3063 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 16.12.2025, Seite 9 / Schwerpunkt

Hintergrund: Strombedarf und KI

Neben den in den Fokus gerückten computertechnologischen Voraussetzungen verlangen KI-Datencenter auch noch nach einer erheblichen Menge Strom. Die Internationale Energieagentur (IEA) berichtete in diesem Jahr, dass Datencenter mit mehr als 400 Terawattstunden mittlerweile gut 1,5 Prozent der globalen Stromkonsumption ausmachen. Ein typisches KI-Datencenter verbraucht demnach so viel Energie wie 100.000 Haushalte einer ­Industrienation – die größten aktuell in Planung befindlichen noch 20mal mehr. Den IEA-Prognosen zufolge wird der Strombedarf der Branche in den USA bis 2030 höher sein als der der Aluminium-, Stahl-, Zement- und Chemieindustrie zusammengenommen.

Menschen, die in der Nähe von Datencentern leben, bekommen die hohe Nachfrage bereits zu spüren. Insbesondere in den USA klettern die lokalen Strompreise rapide: Bloomberg berichtete Anfang Dezember, dass in den entsprechenden Ortschaften der Strom mittlerweile bis zu 267 Prozent mehr kostet als noch vor fünf Jahren.

Der Financial Times zufolge führt der intensive Ausbau von Serverkapazitäten zudem zu Folgeproblemen bei den Stromnetzbetreibern. Diese kämen mit den Großkundenaufträgen gar nicht hinterher, Wartezeiten könnten sich teils auf über acht Jahre belaufen. Auch hier schlagen Lieferkettenprobleme zu: Ein aktueller Mangel an Transformatoren verzögere Projekte zusätzlich. Ähnlich sieht es demnach in der US-Erdgasindustrie aus: Hier hätten sich die Lieferzeiten von Gasturbinen innerhalb weniger Jahre verdoppelt – was den Preis für den Kapazitätenausbau um 71 Prozent in die Höhe getrieben hat. Die Abneigung gegen erneuerbare Energieträger seitens der US-Regierung tut ihr übriges.

In Europa bringen Rechenzentren die Stromnetze stellenweise ebenso an ihre Grenzen: In Hochburgen wie Frankfurt, Dublin oder Amsterdam stoßen Stromnetze laut dem Handelsblatt bereits an ihre Grenzen, unzureichende Kapazitäten behindern den (Aus-)Bau von größeren Projekten. Dem Netzbetreiber Edis liegen wiederum mehr als 170 Anträge für Datencenter ausgerechnet in den infrastrukturell eher schwachen Regionen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern vor, wie die »Tagesschau« berichtete. Es steht zu befürchten, dass die steigenden Summen, die für den erforderlichen Netzausbau notwendig werden, auf die Endverbraucher umgelegt werden könnten. (lvl)

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche:

  • Hohe Strompreise: DGB fordert Staatskredite für Ausbau der Hochs...
    26.05.2025

    Hohe Hürde für Erneuerbare

    Energieminister debattieren, wie der Ausbau des Stromnetzes vorankommt. Konzerne mobilisieren nur zögerlich Kapital
  • In Bangladesh, das besonders vom Klimawandel betroffen ist, habe...
    18.11.2024

    Wettlauf gegen die Zeit

    Einige südasiatische Länder sind schon heute besonders stark vom Klimawandel betroffen. Doch die Energiewende kommt nicht überall so schnell voran wie nötig

Regio:

Mehr aus: Schwerpunkt