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14.11.2025, 17:52:59 / Inland

Bundesregierung will US-Terroreinstufung von »Antifa Ost« nicht bewerten

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Einzelne Teilnehmer einer antifaschistischen Kundgebung von rund 25 Parteien, Bündnisse, Initiativen, Vereinen, Clubs und Kirchenvertretern am 1. Mai 2018 in Chemnitz

Berlin. Zur Entscheidung der US-Regierung, die mutmaßlich existente deutsche Gruppierung »Antifa Ost« als »ausländische Terrororganisation« zu markieren, enthält sich die Bundesregierung eines Kommentars. Der Beschluss sei »zur Kenntnis genommen« worden, sagte ein Regierungssprecher am Freitag in Berlin. Es stünden noch »eine Reihe offener Fragen im Raum«. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte, nach Einschätzung der deutschen Sicherheitsbehörden habe sich das Gefährdungspotenzial der Gruppierung »zuletzt erheblich verringert«.

Die wegen ihrer Tatmittel auch als »Hammerbande« bezeichnete Antifa Ost habe in den vergangenen Jahren zahlreiche Gewalttaten verübt, sagte die Sprecherin weiter. Zudem werde ihr eine Beteiligung an der »Überfallserie« im Rahmen von mit faschistischen Gedenkveranstaltungen im Februar 2023 in der ungarischen Hauptstadt Budapest zugeschrieben. Dass die Antifa Ost inzwischen als weniger gefährlich eingestuft werde, liege daran, dass Rädelsführer und besonders gewaltbereite Teile der Gruppierung »entweder bereits rechtskräftig verurteilt oder in Haft« seien.

Mit Blick auf Folgen für Mitglieder der Gruppierung sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes, diese richteten sich nach US-Recht. Möglich sei, dass Vermögenswerte in den USA eingefroren würden, die Übertragung von Eigentum in den Vereinigten Staaten verboten oder Einreisesperren verhängt beziehungsweise Betroffene abgeschoben würden. Hintergrund ist das Vorgehen von US-Behörden unter der Ägide Donald Trumps gegen Antifaschisten nach dem Attentat auf den ultrarechten US-Aktivisten Charlie Kirk am 10. September. Der US-Präsident erklärte vor wenigen Tagen eine »Woche des Antikommunismus«. Ungarns rechter Ministerpräsident Viktor Orban hatte die »Antifa Ost« und die linke Antifa-Bewegung insgesamt Ende September als »terroristisch« eingestuft.

In Ungarn befindet sich mit der deutschen Aktivistin Maja T. ein mutmaßliches Mitglied der Gruppe in Haft. Ihr wird vorgeworfen, im Februar 2023 gemeinsam mit weiteren antifaschistischen Aktivistinnen und Aktivisten Mitglieder der neonazistischen Szene in Budapest angegriffen zu haben. Ein Urteil in ihrem Verfahren wegen Körperverletzung steht noch aus. Deutsche Behörden hatten die non-binäre Person im Dezember 2023 in Berlin festgenommen. Sie war darauf ungeachtet eines laufenden Eilverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht an Ungarn ausgeliefert worden. Ein Beschluss, der die Überstellung untersagte, erreichte die deutschen Behörden angeblich erst, als Maja T. schon auf dem Weg nach Ungarn war. (AFP/jW)

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