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Aus: Ausgabe vom 15.11.2025, Seite 4 / Inland
AfD-Politiker gegen Russland

Auf NATO-Ticket ins Kanzleramt

Nach Chrupallas Russland-Aussagen: AfD-Spitze zeigt Geschlossenheit. Unmut bei Transatlantikern
Von Philip Tassev
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Tino Chrupalla (r.) am Dienstag in der ansonsten mit strammen Transatlantikern besetzten Talkrunde der Sendung »Markus Lanz«

Nach den ungewöhnlich scharfen Attacken der NATO-Fraktion der AfD gegen den Parteivorsitzenden Tino Chrupalla wegen dessen jüngster Äußerungen zu Russland übt sich die Parteiführung in der öffentlichen Zurschaustellung von Geschlossenheit.

»Wir werden als Bundessprecher der Alternative für Deutschland auch zukünftig gemeinsam Politik für Deutschland und seine Bürger machen. Dafür pflegen wir die guten Beziehungen zu unseren europäischen und internationalen Partnern«, heißt es in einem gemeinsamen Statement von Chrupalla und Koparteichefin Alice Weidel am Donnerstag.

Vorausgegangen waren deutliche Unmutsbekundungen des transatlantischen Lagers in der AfD, das sich an einer geplanten Russland-Reise von mehreren AfD-Abgeordneten störte – und an Aussagen von Chrupalla zu seinem Verhältnis zu Russland.

Mehrere Politiker der AfD hatten angekündigt, in dieser Woche nach Sotschi an der russischen Schwarzmeerküste reisen zu wollen, wo das jährliche BRICS-Europa-Symposium stattfindet. Auch die Möglichkeit eines Treffens mit dem Vorsitzenden der Putin-Partei Einiges Russland, Dmitri Medwedew, stand im Raum.

Nach einer medial inszenierten Empörungswelle – »Landesverrat«, »gezielter Angriff auf die Demokratie« usw. – drohte Weidel mit Parteiausschlüssen, falls es zu dem Treffen mit Medwedew kommen sollte. Die AfD-Bundessprecherin machte in ihrer Stellungnahme im Parlament zudem klar, dass sie von Reisen nach Russland nichts hält. Trotzdem flogen die AfD-Politiker Steffen Kotré, Jörg Urban und Hans Neuhoff nach Sotschi. Urban verkündete am Freitag per Facebook ihre Ankunft.

Weidels Kollege an der Doppelspitze der Partei, Tino Chrupalla, sieht darin kein Problem. »Die Kollegen, die dort hinfahren, haben ihre Reise angemeldet. Sie wurde genehmigt«, sagte er am Donnerstag im ZDF-»Morgenmagazin«. Zuvor hatte er in der Sendung »Markus Lanz« am Dienstag zum Entsetzen des Moderators seinen fehlenden Russenhass begründet: »Ich sehe aktuell durch Russland keine Gefahr für Deutschland.« Präsident Putin habe ihm nichts getan. Auch Länder wie Polen könnten für die BRD gefährlich sein, wie die staatliche Protektion des angeblichen Nord-Stream-Saboteurs gezeigt habe. Am Donnerstag erklärte er, er bezwecke mit solchen Aussagen »eine Entspannungspolitik, die wir endlich brauchen«, und fügte hinzu: »Wir müssen nicht kriegstüchtig in diesem Land werden. Wir müssen endlich friedenssüchtig werden. Das ist mein Ansatz und dafür kämpfe ich.«

Der NATO-Flügel in der AfD-Bundestagsfraktion hat offenbar einen anderen Ansatz. »Wir streben 2029 Regierungsverantwortung an und müssen die sicherheitspolitischen Realitäten anerkennen«, sagte Hannes Gnauck, Oberfeldwebel und Mitglied des Verteidigungsausschusses, am Mittwoch zu Bild. Auch Rüdiger Lucassen, Oberst a. D. und verteidigungspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, sieht durch Chrupallas Haltung die »Regierungsfähigkeit« seiner Partei in Gefahr: »Dafür müssen wir außenpolitisch auf eine höhere Ebene kommen. Wir müssen staatspolitische Verantwortung zeigen.« Was beide offenbar meinen: Die AfD muss sich endlich ohne Wenn und Aber in die antirussische Front einreihen, dann klappt es auch mit der Regierungsverantwortung.

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