Die Stars sind müde
Von René Hamann
Man hätte drauf wetten können. Am Ende des dritten WTT-Turniers der Kategorie Champions in Frankfurt am Main standen sich die beiden Tischtennisspieler im Finale gegenüber, die in den letzten Wochen mit der besten Form ausgestattet waren: Auf der einen Seite Dang Qiu, erster deutscher Finalist bei einem internationalen Turnier auf deutschem Boden seit 2017 und kürzlich Sieger beim »WTT Star Contender« in London. Auf der anderen Seite Matsushima Sora, beim Champions-Turnier in Montpellier vor genau einer Woche nur von einem brillant aufspielenden Truls Möregårdh im Finale geschlagen.
Also Qiu gegen Matsushima, ein Finale, das sich abgezeichnet hatte. Lediglich Anders Lind aus Dänemark, ebenfalls in Topform, und eben Möregårdh hätten dieses Finale vielleicht verhindern können – aber Möregårdh gab sichtlich erschöpft früh und recht kampflos sein Erstrundenspiel gegen Vorjahrsfinalist Anton Källberg verloren, Lind verletzte sich im Halbfinale gegen Matsushima in Führung liegend an der Hüfte. Er spielte zu Ende, aber gegen des Japaners kraftvolle Schläge wusste er nichts mehr auszurichten.
Im Finale setzte sich zur Enttäuschung der deutschen Fans der Jungspund aus Japan durch. Dang Qiu versuchte, dessen Offensivpower mit Rhythmuswechseln und gefühligem Spiel zu unterminieren, allein, das reichte nicht. Am Ende hieß es trotz jeweils knapper Sätze überraschend deutlich 4:1 für Matsushima, der damit wie seine Landsfrau Hayata Hina zum ersten Mal einen Champions-Titel gewann.
Bei den Frauen standen drei Japanerinnen und mit Shin Yu Bin eine Südkoreanerin im Halbfinale. Auch das war beinahe zu erwarten. Sabine Winter konnte ihren Run nicht fortsetzen, gegen Ito Mima im Viertelfinale war sie chancenlos. Das Finale bestritten, fast ebenso logisch, die anscheinend ewigen Konkurrentinnen Harimoto Miwa und Hayata Hina, diesmal mit dem besseren Ende für Hayata. Vor zwei Wochen in London beim erwähnten Star Contender (ja, es ballt sich) war das Ergebnis fast dasselbe – 11:9 im Entscheidungssatz. Nur die Siegerin war diesmal die andere.
Überhaupt wirkte das Finale der Frauen ein wenig, als hätten die beiden es auf diese Zuspitzung abgesehen. Hayata führte früh, Harimoto holte auf, schien die entschlossenere Spielerin zu sein, bis sie zum Ende des siebten Satzes mehr Fehler machte mit ihrem aggressiveren Spiel. Und doch dachte man bei 8:9, dass jetzt drei Punkte in Folge für die erst 17jährige folgen würden. Kam aber nicht so.
Am Ende stellten sich hier in Frankfurt aber doch ein paar entscheidende Fragen. Was augenfällig fehlte, waren Gäste aus China, und damit sind nicht nur die Spielerinnen und Spieler gemeint, die gleichzeitig in ihrem Heimatland ihre nationalen Meisterschaften ausrichteten. Kein Wang Chuqin, keine Sun Yingsha, keine Chen Xintong und keine Wang Yidi. Das machte sich auch auf den Zuschauerrängen bemerkbar, denn chinesische Fans, die sonst zahlreich überallhin pilgern, blieben aus.
Eine unglückliche Platzierung im eh recht eng gewordenen Terminkalender. Ein bisschen Pech für den DTTB, der hier allerdings nicht als Ausrichter fungierte. Dem Turnier in Frankfurt wäre für die Zukunft mehr Luft zu wünschen, mehr Luft zwischen den begeisternden Höhepunkt in Montpellier und dem Finale der Saison.
Auch die Stars, die gekommen waren, wirkten müde: So kamen einerseits einige Überraschungen zustande, andererseits sank ein bisschen auch das eh nicht allerhöchste Niveau. Hugo Calderano, Möregardh, Tomokazu Harimoto die Lebruns, Darko Jorgic, auch Benedikt Duda ließen es schleifen oder nahmen frühe Niederlagen hin. Auch so kam das Finale Qiu gegen Matsushima zustande.
Man möchte sie alle trösten: Jetzt geht es nicht mehr lang. Ein oder zwei Turnierchen noch. Der neue Mixed-Weltcup und dann das Masters der besten 16. Beides, zählt man Hongkong dazu, in China. Also auf jeden Fall mit einer Menge Chinesen. Im Publikum wie auf der Bühne.
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