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Aus: Ausgabe vom 30.10.2025, Seite 8 / Kapital & Arbeit
Technologiekonkurrenz

Hightechregierung

Von Maschinenbau bis Fusionsenergie. Die Bundesregierung will Land auf den Stand der Technik bringen und stellt Agenda vor
Von Gudrun Giese
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Viel aufzuholen in Germany

Während an vielen Orten der Welt die Produktion von Hightechgütern längst zum Alltag gehört, beginnt die Bundesregierung erst, sich auf den Stand der neuesten Technologieentwicklungen zu bringen. Deshalb hat sie im Juli eine »Hightechagenda Deutschland« beschlossen, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

An großen Worten wird nicht gespart: So solle »Made in Germany« wieder zum Markenzeichen für Innovation und moderne Technologien werden. Die Bundesregierung will das Land gleich »zum führenden Standort« für Hightech machen. Die Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik soll so ausgerichtet werden, dass mehr Wertschöpfung, Wettbewerbsfähigkeit und Unabhängigkeit in diesem Sektor entstehen können. Vor allem durch Investitionen in die »Schlüsseltechnologien« künstliche Intelligenz, Quantentechnologien, Mikroelektronik, Biotechnologie, klimaneutrale Energieerzeugung sowie Technologien in klimaneutraler Mobilität sollen die Wirtschaftskraft gestärkt, neue Arbeitsplätze geschaffen und Deutschland damit unabhängiger von Importen werden. Damit ist die Bundesregierung allerdings reichlich spät dran, denn alle sechs genannten Technologiebereiche sind seit vielen Jahren essentiell für neue Produktionsformen. Vermutlich ist die jetzt forcierte Hightechagenda in erster Linie von der aktuellen Wirtschaftskrise in nahezu allen traditionellen Fertigungsbereichen wie dem Maschinenbau, der Automobil- und der Chemieindustrie getrieben.

Weitere Antriebskräfte dürften die »Sondervermögen« sein, denn selbstredend will die Bundesregierung nicht nur in Gesundheits-, Klima- und Nachhaltigkeitsforschung investieren, sondern ausdrücklich auch in Luft- und Raumfahrt sowie in die »Sicherheits- und Verteidigungsforschung«, wie es auf der Website der Bundesregierung dazu heißt. Alles soll schneller und entschlossener gehen. Doch neben Absichtserklärungen zu neuen Förderinstrumenten, Public-Private-Partnerships und der Definition des Staates als »Ankerkunde« für Hightechprodukte findet sich wenig Konkretes. Mit zwei Ausnahmen: Beim »Aktionsplan Fusion« will die Regierung nicht kleckern, sondern klotzen. Auf der Erde soll imitiert werden, was die Sonne seit Jahrmillionen zum Energiegiganten macht. Das dürfte ein langwieriges Unterfangen werden, denn an Fusionsenergie haben sich schon viele Forscher versucht. Nun sollen bis 2029 mehr als zwei Milliarden Euro in die Fusionsforschung fließen, damit am Ende »das weltweit erste Fusionskraftwerk in Deutschland« entstehen kann.

Als zweites Vorhaben wird eine »Mikroelektronikstrategie« der Bundesregierung genannt, die »Deutschlands Rolle als führender Halbleiterstandort in Europa sichern« soll. Gerade die aktuellen Probleme, die bundesdeutsche Industrie mit Mikrochips zu versorgen, sprechen jedoch eine andere Sprache. So klagten im Oktober 10,4 Prozent der Hersteller elektronischer und optischer Produkte über Materialknappheit, wie das Ifo-Institut erfragt hatte. Im April lag die Unterversorgung noch bei 3,8 Prozent. Auch zehn Prozent der Produzenten elektrischer Ausrüstungen sind stark von den Lieferengpässen betroffen. Bei der Automobilindustrie droht wegen des Ausfalls beim Chiphersteller Nexperia ebenfalls Ungemach. So könnte Volkswagen im November gezwungen sein, wegen ausbleibender Lieferungen die Produktion zu drosseln. Die Bundesregierung scheint gleichwohl zu glauben, dass ihre »Mikroelektronikstrategie« noch rechtzeitig greifen wird, obwohl in der Zwischenzeit längst geplante Investitionen wie die von Intel in Magdeburg abgeblasen worden sind. Immerhin stockt nun der US-amerikanische Chiphersteller Global Foundries seine Produktion am Standort Dresden auf, wie am Mittwoch bekanntwurde. Das Unternehmen investiert 1,1 Milliarden Euro in die Erweiterung, was Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) als Signal für Deutschland und Europa bezeichnete. Bei einem Besuch vor Ort zeigte er sich optimistisch, dass die EU-Kommission staatliche Beihilfen für das Investment von Global Foundries durchwinken werde.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim Seider aus Berlin (30. Oktober 2025 um 19:17 Uhr)
    Zu einer einigermaßen fundierten Politik gehört ein gerütteltes Maß an Nüchternheit bei der Einschätzung der Ausgangslage. Die Zukunftsphantasien der Bundesregierung erinnern mehr an den Gehalt der Gespräche einer besoffenen Stammtischrunde. Dort kann man natürlich ohne Widerspruch die Deutsche Bahn und die Deutsche Post zu Spitzenunternehmen der weltweiten Logistikbranche ernennen und darüber räsonieren, sie seien lediglich noch zukunftsfähiger zu machen. Das Schädelweh folgt am nächsten Tag beim Warten auf die Post oder einen Zug. So grausam kann die Realität in einem Land sein, das sich längst im Niedergang befindet, es sich das aber nicht eingestehen will.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich Hopfmüller aus Stadum (30. Oktober 2025 um 17:32 Uhr)
    Man sehe sich https://gf.com/de/about-us/about-gf-in-europe/dresden-facts-figures-data/ (etwa Mitte der Seite) an, von wo dieser Laden überall Kohle bekommt, der Reihe nach abgeschrieben: 1) Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2) Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts, 3) Kofinanziert von der Europäischen Union, 4) Europäische Union, 5) Europa fördert Sachsen, Europäischer fonds für reigonale Entwicklung, 6) Federal Ministry for Economic Affairs and Climate Action on the basis of a decision by the German Bundestag, 7) Funded by the European Union, NextGenerationEU. Herr Merz braucht also nicht optimistisch zu sein, die EU hat den Laden bereits massiv subventioniert. Die High-Tech-Agenda» der Regierung erzeugt nur müdes Arschgrinsen bei mir. Fusionsreaktor: Seit sechzig Jahren wird gesagt, läuft in vierzig Jahren. An welchem Ende ein Fusionskraftwerk überhaupt laufen wird, warten wir es ab. In der klimaneutralen Energieerzeugungstechnologie hatte Deutschland einmal einen guten Stand. Der ist mutwillig von der gleichen Klicke, die jetzt eine Hightech-Agenda phantasiert, weggekickt worden. Klimaneutral mobil sein kann man nur, wenn man klimaneutrale Energie hat. Gaskraftwerke eignen sich dafür nicht. Wo ist der Unterschied zwischen Quntentechnologie und Mikroelektronik? Mikroelektronik ist Quantentechnologie. Mit ihrer Verfeinerung kann man «Quantencomputer» herstellen. Wer da vorne ist, hat gewaltige Vorteile. Die künstliche Intelligenz als fortgeschrittene Informationstechnologie, naja, einerseits ein weiterer Schritt der Automatisierung, andererseits Verschwendung von Resourcen. Mit den für KI aufgendeten Energiemengen und Rechnerleistung könnte man auch was vernünftiges machen, z.B. Klimamodelle oder Gleichungen für angewandte Probleme lösen.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (30. Oktober 2025 um 09:51 Uhr)
    Der Artikel verkennt die zentrale Rolle der Akteure in der Hightechproduktion. Er suggeriert, die Bundesregierung müsse Deutschland aktiv in diesen Bereich führen – das ist, als würde man das Pferd von hinten aufzäumen. Tatsächlich sind Innovationen und Produktion Aufgabe der Unternehmen; der Staat kann lediglich die Rahmenbedingungen setzen. Indem der Artikel die Hightechagenda als Produktionsstrategie darstellt, wird der eigentliche Kern der Wirtschafts- und Innovationsdynamik völlig verkannt. Deutschland kann nur dann ein führender Hightech-Standort werden, wenn die Unternehmen Technologien entwickeln und umsetzen – nicht die Regierung.

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