Die Überprüfung dauert an
Von Nico Popp
Seit einiger Zeit werden insbesondere in jenen Bundesländern, in denen es eine Regierungsbeteiligung der SPD und/oder der Grünen gibt, die Bestrebungen forciert, mit Verweis auf die AfD eine Gesinnungsprüfung bei Einstellungen im öffentlichen Dienst einzuführen. Im Juli etwa hatte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebeling (SPD) erklärt, in dem Land werde künftig schon im Einstellungsverfahren eine schriftliche Belehrung über die »Verfassungstreue« erfolgen, in deren Rahmen Bewerberinnen und Bewerber erklären müssten, dass sie keiner »extremistischen« Organisation angehören oder in den vergangenen fünf Jahren angehört haben.
Die Frage, was eine »extremistische« Organisation ist, beantwortet in Rheinland-Pfalz eine vom Landesverfassungsschutz betreute Liste, auf der unter anderem auch der DKP, der SDAJ, der MLPD und der Roten Hilfe ein Plätzchen reserviert worden ist. Bei der vor allem mit Blick auf die AfD gestellten Frage, ob eine erklärte oder nachgewiesene Mitgliedschaft bereits für eine Nichteinstellung wegen »Extremismus« ausreicht (das ist laut Rechtsprechung unter anderem des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht der Fall), ist die Landesregierung inzwischen wieder zurückgerudert. Jeder Einzelfall müsse geprüft werden, heißt es nun. Hier tritt also sofort das ein, wovor Betroffene der Berufsverbote der 70er und 80er Jahre zuletzt immer wieder gewarnt haben – in der Praxis werden sich solche Gesinnungsprüfungen wie einst nicht gegen die Rechte, sondern gegen die politische Linke richten. Und zwar nicht erst dann, wenn die AfD in den ersten Ländern mitregiert.
Als Vorreiter bei der Rückkehr zu politisch begründeten Berufsverboten hat sich das Land Brandenburg betätigt. Dort gibt es seit dem vergangenen Jahr einen »Verfassungstreuecheck«, der darin besteht, dass für alle Bewerberinnen und Bewerber für eine Beamtenlaufbahn, die für eine Einstellung ausgewählt worden sind, vor dem Amtseid eine sogenannte Regelanfrage bei der Brandenburger Filiale des Inlandsgeheimdienstes gestellt wird. Dort soll dann geprüft werden, ob der Bewerber mit »Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung« aufgefallen ist. Eine Rückkehr zur Regelanfrage bereiten zum Beispiel auch Hamburg und Schleswig-Holstein vor.
In Brandenburg hat das BSW, das seit Dezember 2024 zusammen mit der SPD die Regierung in Potsdam bildet, dieses Projekt des ehemaligen Innenministers Michael Stübgen (CDU) von Anfang an abgelehnt. Im Koalitionsvertrag ist deshalb festgelegt worden, dass der »Verfassungstreuecheck« überprüft wird. Seither war davon allerdings nicht mehr viel zu hören. Bei der Übernahme des Innenministeriums durch den von der SPD nominierten parteilosen René Wilke im Mai erklärte der Chef der BSW-Landtagsfraktion, Niels-Olaf Lüders, man erwarte von Wilke »ein Vorankommen bei wichtigen Themen wie der Evaluierung des Verfassungstreuechecks«. Gegenüber dpa hat Lüders am Montag bekräftigt, dass man darüber mit dem Koalitionspartner beraten werde. Man sehe den Verfassungstreuecheck »insgesamt sehr kritisch«. Das gelte besonders für »die anlasslose Massenüberprüfung von Bewerbern, aber auch die disziplinarrechtlichen Auswirkungen«.
Daraus ergibt sich zwar kein neuer Sachstand, aber immerhin ein leicht erhöhter Nachdruck: Augenscheinlich hat man beim BSW inzwischen den Eindruck, dass das Interesse an der »Überprüfung« bei der SPD nicht sonderlich ausgeprägt ist. »Die Überprüfung ist im Koalitionsvertrag vorgesehen und dauert noch an«, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums laut dpa. Gleichzeitig wusste die Nachrichtenagentur zu berichten, dass es vorläufig »keine Hinweise auf geplante Veränderungen« gebe. Das BSW wird also voraussichtlich Gelegenheit haben, sich in dieser Frage stärker zu engagieren.
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