Gegründet 1947 Montag, 20. Oktober 2025, Nr. 243
Die junge Welt wird von 3054 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 20.10.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Vereinigte Staaten

Shutdown lähmt US-Luftverkehr

Fluglotsenmangel, veraltete Technik und politische Blockaden gefährden Verkehrssicherheit
Von Lars Pieck
9.jpg
Keine Fluglotsen, keine Flüge: Stillstand herrscht unter anderem auf dem kalifornischen Burbank Airport

Das US-Luftverkehrssystem gerät zunehmend unter Druck: Seit Beginn des Shutdowns am 1. Oktober meldet die Federal Aviation Administration (FAA) in Städten von Boston über Los Angeles bis zu den Kontrollzentren in Atlanta und Houston einen akuten Mangel an Fluglotsen, was zu wachsenden Flugverspätungen führt. Auch bei den Sicherheitskontrolleuren nehmen unplanmäßige Fehlzeiten zu. Laut der Gewerkschaft der Beschäftigten der Transportation Security Administration (TSA) haben diese Ausfälle bisher keine größeren Störungen verursacht, doch drohen bald längere Warteschlangen, da viele Angestellte am Wochenende ihre letzten Gehaltsschecks erhalten haben. Gewerkschaftsvertreter warnen, das System sei bereits durch chronische Personalengpässe und veraltete Technik belastet. Je länger der Stillstand dauert, desto gravierender könnte sich die Situation zuspitzen.

Unterdessen hat der US-Senat am Donnerstag zum zehnten Mal den Finanzierungsentwurf der Republikaner abgelehnt, da die Meinungsverschiedenheiten über die Gesundheitsforderungen weiter zunehmen. Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, erklärte, er wisse nicht, wie die Haushaltssperre enden werde. Zudem stoppte ein Richter gestern den Versuch der Trump-Regierung, rund 4.000 Bundesbedienstete zu entlassen. Zuvor hatte der Direktor des Amtes für Verwaltung und Haushalt erklärt, die Zahl der Entlassungen könne »mehr als 10.000« betragen.

Die Probleme im US-Luftverkehr sind nicht neu. Bereits 2019 kollabierte das System während des 35tägigen Regierungsstillstands, des längsten aller Zeiten, unter Präsident Donald Trump. Etwa drei Wochen nach Beginn verklagten überlastete Fluglotsen, die teils bis zu 60 Stunden pro Woche arbeiteten, die Regierung wegen ausbleibender Gehaltszahlungen. Am Miami International Airport mussten Sicherheitsbeamte Terminals schließen, weil sich immer mehr Angestellte krank meldeten, einige kündigten ganz. Trump lenkte schließlich ein, als zunehmende Verspätungen und unbezahlte Bundesangestellte eine Einigung unausweichlich machten.

Schon vor dem aktuellen Shutdown litten FAA und TSA unter starkem Mangel an Personal, allein bei den Fluglotsen fehlen rund 3.000 Fachkräfte. Nick Daniels, Präsident der National Air Traffic Controllers Association, erklärte, man sei an einem »kritischen Punkt«: Mit nur 10.800 statt der erforderlichen 14.633 Fluglotsen sei die Personaldecke so dünn wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Schon wenige Ausfälle könnten den Betrieb gefährden, und »obendrein arbeiten sie mit unzuverlässiger Ausrüstung«, so Daniels. Eine Stillegung würde das gesamte Flugsicherheitssystem schwächen, weil sie die ohnehin belasteten Fluglotsen zusätzlich beanspruche und Techniker fernhalte, die das veraltete System instand halten.

Die aktuelle Schließung trifft die FAA in einer Phase, in der sie erstmals Fortschritte bei der Behebung des Personalmangels und der Modernisierung ihrer Technik erzielte. Zwar übertraf die Behörde ihr Ziel, in diesem Jahr 2.000 neue Fluglotsen einzustellen, doch wird es Jahre dauern, bis die Arbeitskräftelücke geschlossen ist. Auch ein 12,5-Milliarden-Dollar-Programm zur Erneuerung der komplexen Systeme verzögert sich durch den Shutdown.

Solange die Regierungsgeschäfte ruhen, könnte sich der Personalmangel weiter verschärfen, besonders wenn noch mehr TSA-Mitarbeiter die Behörde verlassen, etwa aufgrund der jüngsten Versuche der Trump-Regierung, Tarifrechte einzuschränken. Die Unsicherheit könnte vor allem jüngere Fluglotsen und Auszubildende dazu bewegen, ihre Berufswahl neu zu überdenken, um künftige Shutdowns zu vermeiden. Gleichzeitig gibt es aus dem Kapitol weiterhin kein Zeichen für eine baldige Einigung.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. 

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.