Gegründet 1947 Montag, 20. Oktober 2025, Nr. 243
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Aus: Ausgabe vom 20.10.2025, Seite 8 / Abgeschrieben

Berlin: Leerstand bekämpfen, Häuser besetzen

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Die Initiative »Leerstand Hab-ich-saath« machte am Sonnabend auf eine drohende Räumung besetzter Häuser in der Berliner Habersaathstraße am frühen Montag morgen aufmerksam:

Die Initiative Leerstand Hab-ich-saath für die Habersaathstraße 40–48 und die Bewohner:innen rufen dazu auf, diesen Montag, den 20. Oktober, um sechs Uhr zu den teilbesetzten Häusern zu kommen, um eine geplante Räumung zu verhindern. Das Amtsgericht plant, dort 30 Wohnungen zu räumen. Die Berliner Polizei soll die Entscheidung des Amtsgerichts umsetzen. In den über Jahre spekulativ leerstehenden Wohnungen leben derzeit Menschen, die zuvor obdachlos waren. Ihre Angst ist groß, nach bald vier Jahren im neuen Zuhause nun wieder zurück in die Obdachlosigkeit geräumt zu werden. Eine geregelte Postzustellung ist in den Häusern nicht gewährleistet. Somit ist auch völlig unklar, wessen Wohnung von der Räumung betroffen sein wird.

Der Räumungsbeschluss ist angesichts immer weiter steigender Wohnungslosigkeit in Berlin, des anstehenden Winters und der Geschichte der Habersaathstraße 40–48 nicht hinnehmbar. Seit über zwei Jahren gibt es weder Strom noch Warmwasser, und erst vor wenigen Wochen wurde allen Bewohner:innen der fünf Häuser mitgeteilt, dass die Wärmeversorgung des gesamten Blocks Ende Oktober abgestellt wird. Eine weitere kriminelle Methode, mit denen Andreas Pichotta und seine Geschäftsführer der Arcadia Estates GmbH, versuchen, die Langzeitmieter:innen und neuen ehemals obdachlosen Bewohner:innen der Habersaathstraße 40–48 aus den Häusern zu verdrängen und die Immobilien abzureißen. (…)

Eine weitere Initiative informierte ebenfalls am Sonnabend über die Besetzung des »Bierpinsels« in Berlin-Steglitz:

Am Morgen des 18.10.2025 haben ca. 20 Personen den Bierpinsel in Steglitz besetzt. Weitere Personen haben sich spontan solidarisiert. Ihr Ziel ist es, damit auf den massiven Leerstand in Steglitz und Gesamtberlin sowie auf die Kürzungspolitik des Berliner Senats hinzuweisen. Momentan laufen die letzten Verhandlungen für den Haushalt 2026/27, und erneut ist mit starken Kürzungen im sozialen Bereich, in der Kultur und in der Bildung zu rechnen. Im Bierpinsel will die Gruppe daher ein selbstverwaltetes Gemeinschaftszentrum für alle eröffnen.

(…) Der Bierpinsel in Steglitz gilt als »Pleitebau«. Seit 2002 gab es ständig wechselnde Besitzer, die sich jedoch nicht halten konnten. Seit 2021 ist das Gebäude im Privatbesitz eines Mitglieds der Immoma-Gruppe und sollte 2025 wiedereröffnet werden. Der Bauantrag wurde jedoch bis jetzt noch nicht eingereicht, weshalb mit mindestens drei bis vier weiteren Jahren Leerstand zu rechnen ist.

Die Besetzung soll laut des Pressesprechers der Aktion »diese Immobilienspekulation beenden und einen Begegnungsort für alle schaffen.« (…)

Die Besetzer*innen rufen auf: »Heute und ab jetzt ist Tag der offenen Tür im Bierpinsel! Kommt vorbei und bringt euch ein! Dieser Ort soll für alle sein und wir brauchen euch und eure Ideen für einen Bierpinsel von unten.«

Ein potentielles Kollektiv, was sich vorstellen könnte, diese Pläne zu verwirklichen, hat sich nach der Bekanntgabe auch schnell gefunden. Die Potse zeigt sich mit der Besetzung solidarisch und sucht aktuell sowieso schon länger nach einer neuen Bleibe.

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