Gruß von drüben
Von Peter Merg
Auch wenn der Tag seit zwei Jahren von dunklen Assoziationen überlagert zu werden droht: Der 7. Oktober bietet Anlässe zum Feiern. Den Republikgeburtstag natürlich. Und, eine Nummer kleiner, die Gründung einer Genossenschaft: Seit 30 Jahren existiert die Linke Presse Verlags-, Förderungs- und Beteiligungsgenossenschaft junge Welt (LPG), die den Verlag 8. Mai trägt, in dem die junge Welt erscheint. Grund, einen auszugeben, befanden die Genossenschaftler, und in die Räumlichkeiten der jW-Maigalerie zu laden.
Die dann am Dienstag abend auch pickepackevoll war mit aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern, Freunden und Unterstützern. Auf sie warteten karibische Musik, starke Cocktails und – eine Reminiszenz an die Ostkulinarik – ein Mettigel in Größe eines Mittelgebirges. Grüße zwischen überlebendem und untergegangenem Sozialismus. Eine belebende Mischung, fürwahr. Um die Einheit der Widersprüche ging es denn auch in würdigenden Eingangsworten. Die kubanische Botschafterin Juana Martínez González nannte die jW »ein Zeichen der Hoffnung«. Sie betonte die enge Bindung zwischen der linken Tageszeitung und der sozialistischen Insel: »Ihr könnt immer auf uns zählen.« Botschaftsrätin Dayana Rodríguez Gutiérrez verlas ihr Grußwort. Im Publikum lauschten Ehrengäste wie der Bundestagsabgeordnete Mirze Edis (Die Linke), der Liedermacher Wenzel oder die Sängerin Gina Pietsch. Der LPG-Vorstandsvorsitzende Michael Sommer, zugleich Produktionsleiter der jW, sprach über die Stürme, durch die wir gerade steuern müssen – und können, wenn alle Beteiligten zusammenhalten. Welche Winde den Mitarbeitern da ins Gesicht blasen, beschrieb Sebastian Carlens, der den Verlag 8. Mai leitet: vom langsamen Sterben der Printzeitungsbranche bis zur offiziellen Feinderklärung durch den deutschen Staat im Verfassungsschutzbericht.
Aber bangemachen gilt nicht, die jW erscheint bewusst weiter auf Papier und wehrt sich gegen ihre Verfolgung, zur Not durch alle Instanzen. Der Aufsichtsratsvorsitzender der LPG, Eckehard Schlauß, hob denn auch den Wert der gedruckten Zeitung als Kulturgut hervor. Recht hat er. Ob am Frühstückstisch, in der Bahn oder im Kaffeehaus – das sieht doch nach nichts aus, so mit Tablet, und im Hirn bleibt auch weniger kleben, wie reichlich Studien belegen.
Damit auch was Vernünftiges kleben bleibt, dafür braucht es gedanklich fitte Redakteure marxistischer Prägung, wie Schlauß ebenfalls sehr richtig betonte. Die nicht leicht aufzutreiben sind in Zeiten der rasanten Partikularisierung und Kulturalisierung der Linken, möchte man ergänzen. Wieviel trotz der Umstände so geht in den Etagen des Bürogebäudes Torstraße 6, das zeigt ein Dokfilm über die Zeitung, der gerade im Verlag produziert wird und von dem Ausschnitte zu sehen waren. Er soll einem Publikum, das die jW noch nicht so gut kennt wie das in der Galerie, vermitteln, was Essenz und Widerstandsfähigkeit der Zeitung ausmacht, so Clara Ehrhardt, die das Projekt verantwortet.
Schwung ist zweifellos in der Kiste, vor allem wenn dann noch jemand vom Kaliber des kubanischen Liedermachers Tony Ávila aufspielt, der mit der kubanischen Percussionistin Shakira Torna den Saal in die richtige Stimmung brachte. Dann begann das Schmausen.
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