Gebeine an Marshallinseln zurückgeben

Göttingen. Menschliche Gebeine aus der Republik Marshallinseln sind am Dienstag bei einer Zeremonie an der Universität Göttingen an ihr Herkunftsland zurückgegeben worden. Die Delegation des Inselstaates aus dem Pazifik nahm die Überreste von acht Menschen von den Universitäten Göttingen und Freiburg entgegen, wie die Göttinger Hochschule mitteilte. Die sogenannten Human remains (englisch für menschliche Überreste) wurden zu Kolonialzeiten aus dem Land entwendet. Es war das erste Mal, dass Gebeine an die Pazifikrepublik zurückgegeben wurden.
Bei der Zeremonie zeigte sich die Delegation der Marshallinseln dankbar für die Rückgabe der entwendeten Gebeine. Als Geschenk übergaben die Delegationsmitglieder aus Bast gefertigte Blumen als Haarschmuck sowie Bastkrawatten an die Besucher der Zeremonie. Die Gebeine sollen nun auf den Marshallinseln in einer Gedenkstätte bestattet werden.
Die Marshallinseln waren 1885 als »Schutzgebiet« – sprich: Kolonie – vom Deutschen Kaiserreich in Besitz genommen. 1906 wurde das Land in die Kolonie Deutsch-Neuguinea integriert. Bei der Rückgabe der Gebeine drückten Vertreter beider Seiten ihre Hoffnung für eine weitere künftige Zusammenarbeit aus.
An der Uni Göttingen wird seit 2020 zu Human remains geforscht. Mehr als 1.000 menschliche Überreste lagern in den Sammlungen der Hochschule, die auf ihre koloniale Vergangenheit untersucht werden. Bereits mehrfach wurden Gebeine zurückgegeben, etwa an Hawaii und Palau. Weil die Arbeit aufwendig ist, wurden bisher allerdings lediglich einige Dutzend Gebeine restituiert.
Die meisten Gebeine in Göttingen stammen aus dem 18. Jahrhundert. Sie wurden von Forschern aus ihren Herkunftsländern und teilweise heiligen Stätten für die damalige »Rassenforschung« gestohlen – etwa durch Wissenschaftler oder Händler. Dabei kam es nach Angaben der Hochschule auch zu Grabplünderungen. Über Handelsunternehmen gelangten sie in den Besitz der Hochschule. (dpa/jW)
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