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Aus: Ausgabe vom 11.10.2025, Seite 8 / Ansichten

Ad absurdum geführt

Friedensnobelpreis für Machado
Von Volker Hermsdorf
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Hatte einen Einfluss auf die Entscheidung: Komiteevorsitzender Jørgen Watne Frydnes (Oslo, 10.10.2025)

Die Vergabe des Friedensnobelpreises 2025 an María Corina Machado wirft die Frage auf, welches Verständnis man in Oslo von der Auszeichnung hat. Statt Friedensstifter zu ehren, zeichnet das Komitee eine Person aus, die für eine ausländische Militärintervention in ihrem eigenen Land wirbt. Die Begründung, Machado sei eine »Schlüsselfigur« für die Einigung der Opposition und setze sich für Demokratie ein, wirkt vor dem Hintergrund der Fakten geradezu zynisch. Wenn das Demokratieverständnis einer Aktivistin prämiert wird, die sich auch in Europa für die Ziele der äußersten Rechten einsetzt, wird der Sinn des Preises definitiv ad absurdum geführt.

Im Februar dankte Machado in Madrid beim »Make Europe Great Again«-Gipfel der ultrarechten EU-Fraktion »Patrioten für Europa« dafür, dass die dort vereinten Parteien sich »an vorderster Front für die Freiheit des venezolanischen Volkes« einsetzten. Den Venezolanern ist allerdings zu wünschen, dass sie von der Art »Freiheit«, wie sie die Machado-Unterstützer Victor Orbán, Marine Le Pen oder Geert Wilders meinen, verschont bleibt.

Welchen »Frieden« stiftet eine Preisträgerin, die sich mit politischen Kräften solidarisiert, die in den USA und Europa Hass säen, Minderheiten stigmatisieren und demokratische Institutionen systematisch untergraben? Die »zivilisatorische Schlacht«, zu der Machados rechte europäische Verbündete in Madrid aufriefen, ist das genaue Gegenteil friedlicher Visionen. Es ist die Sprache der Aufstachelung zum Hass. Und welchen Frieden stiftet eine rechte Galionsfigur, die den US-Aufmarsch in der Karibik – inklusive tödlicher Angriffe auf Schiffe und deren zivile Besatzung – ausdrücklich begrüßt und als Zeichen des nahenden Zusammenbruchs des Maduro-Regimes feiert? Hier wird nicht Friedensarbeit, sondern Konfrontation belohnt.

Die Preisvergabe ist nicht nur eine Parteinahme zugunsten der Attacken durch US-Militärs, sondern auch ein gefährliches Signal. Sie sendet die Botschaft, dass Aufruf und Vorbereitung zum gewaltsamen Regimewechsel nicht nur politische Mittel, sondern sogar nobelpreiswürdig sind. Der Preis für Machado untergräbt jegliche Bemühungen um diplomatische Lösungen und feuert die Hardliner in der Trump-Administration an, die auf Invasion und Krieg setzen.

Die Entscheidung ist um so befremdlicher, wenn man die Alternativen bedenkt. Statt Menschen oder Personen zu ehren, die unter Lebensgefahr humanitäre Hilfe für zivile Opfer im Gaza leisten, oder das Komitee zum Schutz dortiger Journalisten, fiel die Wahl auf eine Figur, die Positionen vertritt, die von einem Großteil der venezolanischen Bevölkerung abgelehnt werden. Vom ursprünglichen Anspruch, den Preis denen zu verleihen, die »der Verbrüderung der Völker« dienen, ist damit nichts mehr übrig. Die diesjährige Vergabe ist eine Auszeichnung für Kriegsvorbereitung, nicht für Frieden.

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