Steuerberaterin des Tages: Katherina Reiche
Von Nico Popp
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche ist in mitunter etwas peinlich wirkender Weise darum bemüht, den Beifall marktliberaler Ultras auf sich zu ziehen. Kürzlich wurde die CDU-Politikerin für den »Coup« (Handelsblatt) gefeiert, in ihrem Haus einen vierköpfigen sogenannten wissenschaftlichen Beirat einzurichten, der nur aus notorischen Minnesängern des Kapitals besteht, darunter die neoliberale Vollzeitaktivistin Veronika Grimm. Geliefert wird wie bestellt – gerade erst plädierten die vier »Experten« für eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 73 Jahre. Bild donnerte: »Wir sind nicht produktiv genug und müssen länger arbeiten!«
Aber Reiche schafft nicht nur Stellen in der Zulieferkette für die ideologische Endfertigung. Das Portal »Frag den Staat« berichtete am Donnerstag unter Berufung auf interne Dokumente, dass die Ministerin und einer ihrer Staatssekretäre bei Treffen mit Vertretern der unter dem lustigen Namen »Stiftung Familienunternehmen« agierenden Konzernlobby »Ratschläge« gegeben haben, »wie die Stiftung im Bundestag Steuersenkungen erreichen könne«. Zum Beispiel durch Druck auf die SPD in Sachen Senkung der Körperschaftssteuer. Reiche soll empfohlen haben, »eine Lobbykampagne zur Wegzugbesteuerung über die Unionsfraktion zu lancieren«. Das Ministerium könne das dann »flankieren«.
Da überdreht jemand. Denn es gibt, darauf weist »Frag den Staat« hin, ein »Neutralitätsgebot« für staatliche Stellen, das zum Beispiel Ministerien verbietet, direkt in den »Parteienwettbewerb« einzugreifen. Nur: Es ist ein bisschen albern, die Beachtung von kosmetischen Feinheiten einzufordern, deren Funktion die Verschleierung der Realität ist. Wenn die Ministerin sich als eifernder Lakai der »Stiftung Familienunternehmen« betätigt, ist das unter dem Gesichtspunkt der politischen Aufklärung eine nützliche Sache. Bzw. ein richtiger »Coup«.
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vom 10.10.2025