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Aus: Ausgabe vom 09.10.2025, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Contre la Guerre

Gemeinsam gegen Krieg

Internationale Antikriegskonferenz versucht länderübergreifenden Widerstand der Arbeiterklasse zu organisieren
Von Dieter Reinisch, Paris
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Volle Halle bei der Antikriegskonferenz am Sonntag in Paris

Für dieses Wochenende sind abermals Demonstrationen gegen den Krieg in vielen europäischen Städten angekündigt. Gegen den Genozid in Gaza und allgemein gegen die wachsende globale Kriegsgefahr werden wohl erneut Hunderttausende in ganz Europa auf die Straße gehen. Vielen Antikriegsaktivisten und Politikern sind die Straßenproteste und Aktionen in unterschiedlichen Ländern nicht genug. Sie versammelten sich am Wochenende in Paris zur europaweiten Antikriegskonferenz »Contre la guerre« (Gegen den Krieg). »Die Regierungen dieser Welt spielen mit der Gefahr eines Atomkriegs«, warnte Andreij Konowalow, ein ukrainischer Wehrdienstverweigerer, der vor der Einberufung an die Front nach Deutschland geflüchtet ist. In Paris war er einer der Redner.

Wie andere wurde er begeistert von der Menge aufgenommen: Mit knapp 4.000 Plätzen war der Dôme de Paris, eine Arena im 15. Arrondissement, sehr gut gefüllt – seit Wochen waren die Karten ausverkauft. Die Stimmung war kämpferisch. Bereits eine Stunde vor dem offiziellen Beginn des Programms war die Halle gefüllt und Sprechchöre wurden angestimmt: für Palästina und gegen Macron.

Organisiert wurde die Konferenz aus dem Umfeld der linken französischen Parteien La France insoumise und Parti ouvrier indépendant. Deren Abgeordneter Jérôme Legavre war der Hauptredner der Veranstaltung. Daneben waren viele Redner aus Europa und Nordamerika gekommen: »Die NATO ist eine Kriegsmaschinerie, die aufgelöst werden muss«, sagte Medea Benjamin, die aus den USA angereiste Gründerin der Organisation »Codepink – Frauen für den Frieden«.

Der internationale Koordinator der Democratic Socialists of America, Andrew Basta, berichtete von der Arbeit seiner Organisation in den USA. Das Augenmerk liege derzeit in der Kampagne ihres Kandidaten Zohran Mamdani zur Bürgermeisterwahl von New York: »50.000 Freiwillige haben zwei Millionen Hausbesuche durchgeführt.« Die Arbeit in den USA sei wichtig, um die Trump-Regierung zu schwächen. »Die USA sind ein destruktives Imperium«, betonte er. Viel mehr als ein Überblick der DSA-Kampagnen zum Zweck des Organisationsaufbaus war in seiner Rede nicht zu erfahren.

John Rees von der Stop-the-War-Coalition in Großbritannien wollte gegen Ende des dreistündigen Redemarathons den Fokus wieder auf die notwendige Koordination der Aktivisten über Ländergrenzen legen. Seine Bewegung organisiere gerade eine neuerliche »nationale Massendemonstration« am kommenden Wochenende. »Es wird die 34. Demonstration sein, seit dem 7. Oktober 2023«, verkündete er. Diese internationale Bewegung müsse nun koordiniert werden. Er sehe das Aufstehen einer antikapitalistischen, organisierten Arbeiterklasse, Generalstreiks in ganz Europa gegen Rüstungsexporte und einen neuen Internationalismus. Diese wollten auch die Organisatoren in ihrem Programm widergespiegelt sehen: Aus Italien sprachen Hafenarbeiter aus Genua, die zuletzt das Beladen von Schiffen mit Kriegsgerät für Israel verhinderten, und ein Sprecher von Potere al Popolo, der von den Generalstreiks nach dem Stoppen der Gaza-Flottille berichtete. Zugleich warnte Rees vor dem Aufstieg der Rechten.

Das Hauptthema der Veranstaltung war der Genozid in Gaza. Der Krieg in Osteuropa und der Rüstungswahn der EU spielten nur eine Nebenrolle, obwohl die Wurzeln der Konferenz im Februar 2022 liegen: Seit damals trafen sich Aktivisten aus unterschiedlichen Ländern zu regelmäßigen Konferenzen, um über Aktionen gegen den Krieg zu diskutieren.

Im Frühjahr 2025 wurde eine Petition veröffentlicht: »Keinen Cent, keine Waffe, kein Menschenleben für den Krieg.« Sie sollte europaweit Gewerkschafter zusammenführen, um auf die verheerenden Folgen des EU-Rüstungsplans auf Sozialleistungen und Lebensstandards aufmerksam zu machen. Die Arbeiterklasse dürfe nicht den Preis für die Kriegsvorbereitungen der Staats- und Regierungschefs zahlen, heißt es darin. Um die Petition in gewerkschaftliche Praxis umzusetzen, trafen sich viele der Unterzeichner bereits am Sonnabend in Paris: »Wir rufen zur Einheit der Menschen Europas auf – für Frieden, nicht Krieg, für Gerechtigkeit und Gleichheit, nicht Ausbeutung«, hieß es dort. Als ersten Schritt dahin wurde ein europäischer Aktionstag beschlossen.

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