Schulterschluss im Maghreb
Von Sabine Kebir
Am Dienstag empfing der Stabschef der algerischen Nationalen Volksarmee, General Saïd Chengriha, den tunesischen Verteidigungsminister Khaled Elsehili in Algier, wo sie einen bilateralen Regierungsvertrag über enge Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Verteidigung unterzeichneten. Er ergänzt die schon auf den Unabhängigkeitskrieg Algeriens zurückgehenden freundschaftlichen Beziehungen. Sie haben sich seit der demokratischen Revolution, die 2011 in Tunesien stattfand, weiter vertieft, weil das Land seitdem unter westlichen Boykotten leidet. Algerien unterstützt das Nachbarland vor allem mit günstigen Energielieferungen. Es ist auch zu einem beliebten Urlaubsziel für Algerier geworden, womit der Rückzug von europäischen Touristen teilweise ausgeglichen wird.
Seit 2011 leidet Tunesien auch verstärkt unter islamistischem Terror. Angesichts der langen gemeinsamen Grenze hat sich auf diesem Gebiet ebenfalls eine enge polizeiliche und militärische Zusammenarbeit etabliert, die gemeinsame Manöver einschließt. Laut einer Erklärung des algerischen Verteidigungsministeriums wird der Vertrag diese Kooperation vertiefen. Er wird als neuer »Meilenstein in der Geschichte der Beziehungen zwischen Tunesien und Algerien« bezeichnet, der die Perspektive für eine »verstärkte militärische Zusammenarbeit, den Austausch von Fachwissen und die Koordinierung in den Bereichen Ausbildung, Grenzsicherheit und Terrorismusbekämpfung« anvisiere.
Die verstärkte militärische Kooperation ist auch mit Blick auf die zunehmenden politischen und militärischen Konfrontationen im Maghreb zu interpretieren. An erster Stelle zu nennen ist hier der Konflikt um die von Marokko zu zwei Dritteln besetzte Westsahara, in dem Algerien und auch Tunesien auf der Seite der Befreiungsfront Polisario stehen. Marokko wiederum hat sich mit Israel verbündet, das seitdem nur wenige Kilometer von der algerischen Westgrenze entfernt über eine Militärbasis verfügt. Auch sieht sich Algerien von Mali und indirekt von dessen Verbündeten im Sahel bedroht. Bamako brachte den Abschuss einer malischen Drohne, die im April eine auf algerisches Territorium geflüchtete Tuareggruppe verfolgte, sogar vor den Internationalen Gerichtshof (IGH) der UNO und behauptete, Algerien unterstütze Terrorismus. Allerdings gab der IGH bekannt, dass er den Fall nicht weiterverfolgen könne, da Algerien seine Rechtsprechung nicht anerkenne.
Der algerisch-tunesische Verteidigungspakt ist zudem vor dem delikaten Hintergrund zu sehen, dass die tunesische Armee traditionell enge Beziehungen zum US-Militär unterhält, was nicht zuletzt ausschlaggebend für das Gelingen der Revolution von 2011 war. Die USA sahen darin die Chance, den Einfluss der alten Kolonialmacht Frankreich in Nordafrika zurückzudrängen. Algerien pflegt dagegen traditionell eine militärische Kooperation mit Russland und bezieht von dort auch einen Großteil seiner Waffen. Erst kürzlich bestellte es eine ganze Flotte Kampfflugzeuge, darunter auch Jets der neuesten Generation – womit es das erste Land im Maghreb wäre, das über solche Waffen verfügt.
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