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Aus: Ausgabe vom 09.10.2025, Seite 1 / Titel
Krankenhausreform

Abbau etwas verlangsamt

Kabinett beschließt »Krankenhausreform« mit einigen Änderungen. Neoliberaler Kahlschlag kommt trotzdem
Von Gudrun Giese
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Hinter der Fassade sieht es nicht besser aus (Berlin, 19.7.2025)

Der große Abbau bei den Krankenhäusern geht weiter. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) erklärte am Mittwoch, dass das Ziel der »Krankenhausreform« ihres Vorgängers Karl Lauterbach (SPD) unangetastet bleibe. Anlass war der Kabinettsbeschluss über einige Änderungen.

An verschiedenen Stellen habe »die ursprüngliche Reform« den »Praxischeck bisher nicht bestanden«, so Warken. Auch wenn es bei der Schließung vieler Kliniken bleiben wird, umschrieben als »eine bessere Bündelung von Leistungen und mehr Qualität in der Versorgung«, kommt die Bundesregierung den Bundesländern ein wenig entgegen, indem die Krankenhausversorgung in den ländlichen Regionen nicht ganz so arg geschleift wird wie zunächst vorgesehen. Außerdem bekommen die Länder Geld und mehr Zeit für die Umsetzung der neuen Vorgaben.

Kritische Worte für beides – den Entwurf von Lauterbach sowie die Anpassungen durch Warken – findet das Bündnis »Krankenhaus statt Fabrik«, das in dieser Woche in Göttingen ein Vernetzungstreffen für eine solidarische Gesundheitsversorgung veranstaltet. Sämtliche Modifizierungen durch die neue Bundesregierung in Gestalt des »Krankenhausreformanpassungsgesetzes« änderten nichts daran, dass es vor allem um Zentralisierung und Konzentration von bestimmten Behandlungen an wenigen Klinikstandorten gehe. Damit würden Krankenhausschließungen forciert und die flächendeckende Versorgung der Menschen weiter verschlechtert. Mit dem Anpassungsgesetz würde »dieses neoliberale Kahlschlagprogramm durch wohlklingende Begriffe wie ›Verbesserung der Versorgungsqualität‹ und ›Bedarfsplanung‹ legitimiert«, schrieb das Bündnis Ende August auf seiner Internetseite. Doch steige nicht die Qualität, wenn Leistungen an wenigen Standorten angeboten würden, »sondern die Wartezeit für die Patientinnen und Patienten«.

Änderungen in dem am Mittwoch vom Bundeskabinett abgenickten Anpassungsgesetz betreffen Ausnahmen und Kooperationsmöglichkeiten für Kliniken in ländlichen Regionen, um die Versorgung sicherzustellen. Entscheiden sollen die zuständigen Landesbehörden mit den Krankenkassen. In eine ähnliche Richtung zielt die Regelung, Krankenhäuser mit niedrigeren Fallzahlen als bisher vorgesehen für bestimmte Behandlungen zuzulassen. Damit soll der mögliche Ausschluss zertifizierter Zentren von der Versorgung verhindert werden. Entlastung für die gesetzliche Krankenversicherung bedeutet die Übernahme von bis zu 2,5 Milliarden Euro jährlich über einen Zeitraum von zehn Jahren aus dem »Sondervermögen« Infrastruktur und Klimaneutralität. Für vier Jahre zahlt der Bund zusätzlich eine Milliarde Euro zur Entlastung der Länder. Die Vorhaltevergütung, neue Zuschläge und Förderbeiträge treten ein Jahr später in Kraft. Dem Gesetz muss der Bundestag, aber nicht der Bundesrat zustimmen.

Mit der so genannten Reform dürfte sich die Krankenhauslandschaft noch schneller neu ordnen als in den vergangenen Jahren, meldete dpa. Schon länger sei die Zahl der Krankenhäuser und Klinikbetten rückläufig. Viele Häuser schrieben rote Zahlen, es fehle an Personal, und die Strukturen seien oft veraltet. Das Bündnis »Krankenhaus statt Fabrik« sieht »weitere dunkle Vorhaben der neuen Bundesregierung« aufziehen, etwa Leistungseinschränkungen bei den gesetzlichen Krankenversicherungen oder »die ›Kriegstüchtigmachung‹ – und damit Militarisierung – der Krankenhäuser«.

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