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Aus: Ausgabe vom 08.10.2025, Seite 5 / Inland
Waffenbeschaffung

Monopol für Mordsgeschäfte

Rheinmetall erhält Auftrag für Laserwaffen ohne öffentliche Ausschreibung. Wettbewerber klagt, zu Unrecht übergangen worden zu sein
Von David Siegmund-Schultze
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Laser mit Kraft: Rheinmetall führt seine Waffen auf dem Werksgelände in Unterlüß vor (22.10.2019)

Von wegen Marktwirtschaft, von wegen Wettbewerb: Rheinmetall soll einen Auftrag über 390 Millionen Euro vom Bundeswehr-Beschaffungsamt erhalten – als Direktvergabe, also ohne öffentliche Ausschreibung. Bis Ende des Jahrzehnts, so berichtete die Welt am Sonntag Ende September, soll der größte Rüstungskonzern der BRD drei Prototyp-Lasersysteme zur Drohnenabwehr entwickeln. Am Dienstag meldete sich nun der australische Laserwaffenhersteller Electro Optic Systems (EOS) zu Wort. »Wir könnten die doppelte Leistung für weniger als die Hälfte des Preises in der Hälfte der Zeit anbieten«, sagte Andreas Schwer, Geschäftsführer von EOS, gegenüber der britischen Tageszeitung Financial Times (FT).

Die Entscheidung sei allein auf »die Marktmacht von Rheinmetall« zurückzuführen, zitiert die FT den deutschen Manager. »Die schiere Wirtschaftskraft und der Einfluss« des Waffenkonzerns hätten den deutschen Staat abhängig von ihm gemacht. Schwer dürfte wissen, wovon er spricht, schließlich war er selbst von 2012 bis 2017 Manager bei Rheinmetall. Dass Branchenriesen wie der Düsseldorfer Konzern den Großteil der mit der Hochrüstung der BRD verbundenen Gewinne abschöpfen, missfällt offensichtlich kleineren Unternehmen wie EOS.

Auch innerhalb der deutschen Waffenindustrie wird der Kampf um die Pfründe aus dem Rüstungsetat offen geführt. Ende Juni kritisierte die Flensburger Fahrzeugbau-Gesellschaft (FFG) den Auftrag für die Fertigung von 23 sogenannten Bergepanzern in einem Brandbrief an mehrere Abgeordnete. Auch hier hatte Rheinmetall das Rennen gemacht, ebenfalls ohne Ausschreibung als Direktvergabe. Dabei hätte die FFG den Auftrag für elf statt 20 Millionen Euro pro Panzer ausführen und sogar schneller liefern können, sagte jedenfalls Geschäftsführer Max Heimann dem NDR. Die Vergabe an Rheinmetall sei eine »vertane Chance«, so Heimann, der sich zuvor einen »lebendigen Wettbewerb« und »faire Konditionen« gewünscht hatte.

In den nächsten vier Jahren will die BRD ganze 650 Milliarden Euro in die Rüstung stecken – mehr als das Doppelte gegenüber den vergangenen vier Jahren. Ende Juli hat das Bundeskabinett außerdem einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Vergabeverfahren beschleunigen und für »Bürokratieabbau« in der Rüstungsbeschaffung sorgen soll. Konkret heißt das, dass die parlamentarische Kontrolle abgebaut sowie die Pflicht zu EU-weiten Ausschreibungen gelockert wird und schnellere Direktvergaben möglich werden.

Kritik kommt aus der Linke-Bundestagsfraktion: Die Auftragsvergabe für die Lasersysteme vorbei an EOS sei »auch eine Folge davon, dass Vergabeabläufe verkürzt wurden. Politisch ist es unerträglich, dass die Bundesregierung den Rüstungskonzern Rheinmetall ständig mit immer neuen Aufträgen füttert«, so der verteidigungspolitische Sprecher Ulrich Thoden auf jW-Anfrage. Man beobachte, dass zunehmend Aufträge an den Rüstungskonzern vergeben werden, auch wenn er wenig Expertise in den betreffenden Gebieten aufweise.

Der haushaltspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Sebastian Schäfer, wünscht sich mehr Marktwirtschaft im Rüstungsgeschäft: »Auch wenn der Verteidigungsmarkt ein Markt mit Besonderheiten ist, muss die öffentliche Hand bei Vergabeverfahren besonders gut abwägen. Offener Wettbewerb und Transparenz führen zu besseren Preisen und Produkten«, so Schäfer auf jW-Anfrage. Das sei »die Verantwortung der Bundesregierung«, insbesondere angesichts der »hohen Summen an Steuergeldern im Verteidigungsbereich«.

Für die Aktionäre von Rheinmetall hat sich die »Zeitenwende« bereits bezahlt gemacht: Im ersten Halbjahr 2025 ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 24 Prozent gestiegen. Seit 2020 ist der Wert der Aktie des Konzerns sogar um mehr als das 15fache gestiegen. »Rheinmetall ist Profiteur Nummer eins der neuen Aufrüstungswelle«, so Thoden.

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