Machtpoker um Shutdown
Von Lars Pieck
Es klingt paradox: Mitten im sogenannten Government Shutdown (Regierungsstillstand) droht die US-Regierung unter Präsident Donald Trump mit Massenentlassungen von Bundesangestellten. Sollte Trump zum Schluss kommen, dass die Gespräche mit den Demokraten im Kongress »absolut zu nichts führen«, werde man entsprechende Schritte einleiten, erklärte Kevin Hassett, Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats, am Sonntag.
Am Montag (nach jW-Redaktionsschluss) stimmt der Senat bereits zum fünften Mal über zwei konkurrierende Haushaltsvorschläge ab, einen republikanischen Übergangshaushalt und einen Alternativplan der Demokraten. Doch keine der beiden Initiativen dürfte die nötige Mehrheit von 60 Stimmen erreichen. Mit 53 zu 47 Sitzen und einem »Dissidenten« in den eigenen Reihen benötigen die Republikaner mindestens acht Demokraten, um ihre Vorlage durchzubringen. Bislang haben sich jedoch nur drei auf ihre Seite gestellt.
Führende Vertreter beider Parteien beharren weiterhin auf ihren Positionen, was eine baldige Lösung unwahrscheinlich macht. Während der Shutdown in den fünften Tag ging, äußerte Hassett gegenüber CNN die Hoffnung, die Demokraten könnten doch noch einlenken und damit Entlassungen verhindern, vor denen auch Haushaltsdirektor Russell Vought gewarnt hatte.
Nur, wie akut ist die Lage? Auf die Frage von Reportern, wann Entlassungen beginnen würden, antwortete Trump gegenüber Medienvertretern am Sonntag knapp: »Das geschieht gerade jetzt.« Seit dem Treffen zwischen Präsident Trump und den Kongressführern in der vergangenen Woche gibt es keine Fortschritte. Der Shutdown begann am 1. Oktober, dem Start des neuen Haushaltsjahres 2026, nachdem die Demokraten eine kurzfristige Finanzierungsmaßnahme bis zum 21. November abgelehnt hatten.
Die demokratische Minderheit im Senat fordert eine dauerhafte Verlängerung der erhöhten Prämiensteuergutschriften im Rahmen des Affordable Care Act und die Zusicherung, dass das Weiße Haus vereinbarte Ausgaben nicht eigenmächtig kürzt. Der republikanische Mehrheitsführer John Thune gibt sich gesprächsbereit, jedoch nur, wenn die Demokraten zuvor einer Wiederaufnahme des Regierungsbetriebs zustimmen. Die Forderung, Trumps geplante Medicaid-Kürzungen rückgängig zu machen, nannte er »nicht realistisch«. Erst nach Ende des Shutdowns könne über weitere Themen verhandelt werden.
Einen kurzfristigen Übergangshaushalt blockieren die Demokraten bislang und verlangen Zugeständnisse im Gesundheitswesen, bevor am 1. November die neue Versicherungsphase beginnt. Sie werfen den Republikanern Blockadehaltung vor, während diese Gespräche über die auslaufenden Subventionen verweigern. Vier Abstimmungen über einen Übergangshaushalt sind bereits gescheitert. Oppositionsführer Chuck Schumer zeigte sich ernüchtert. In der CBS-Sendung »Face the Nation« erklärte er am Sonntag, eine Lösung könne nur von der Parteiführung kommen: »Die Republikaner haben nichts angeboten.«
Laut einer jüngsten CBS-/Yougov-Umfrage geben 39 Prozent der Amerikaner Trump und den Republikanern die Schuld am Shutdown, 30 Prozent den Demokraten und 31 Prozent beiden Seiten gleichermaßen. Zudem: Die Mehrheit hält die Streitigkeiten nicht für wichtig genug, um die Regierungsfinanzierung zu blockieren.
Trotz dieser Kritik nutzt Trump den Regierungsstillstand samt Haushaltssperre, um seine politischen Ziele durchzusetzen. Auf »Truth Social« kündigte er unlängst an, er berate mit Haushaltsdirektor Vought über Kürzungen in Behörden, die nicht seiner Agenda folgen, und sprach von einer »beispiellosen Gelegenheit«. Pressesprecherin Karoline Leavitt warnte, dass Tausende Entlassungen drohen.
Um den Druck auf die Opposition zu erhöhen, fror Trump ferner 26 Milliarden US-Dollar für demokratisch geführte Bundesstaaten ein, darunter 18 Milliarden für Verkehrsprojekte in New York und acht Milliarden für regenerative Energiequellen in 16 Staaten, etwa in Kalifornien. Damit baut er seine Kontrolle über den sieben Billionen US-Dollar umfassenden Bundeshaushalt aus, der laut US-Verfassung eigentlich dem Kongress unterliegt.
Fest steht: Für Bundesbedienstete war 2025 bereits ein turbulentes Jahr. Besonders nach der beispiellosen Entlassungswelle in der US-Administration durch das im Januar gegründete DOGE (Department of Government Efficiency) unter der Ägide von Techmilliardär Elon Musk. Welche Behörden nun von der Arbeitsplatzvernichtung durch die »Abteilung für Regierungseffizienz« betroffen sein werden, ist noch unklar.
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