Gegründet 1947 Donnerstag, 20. November 2025, Nr. 270
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Aus: Ausgabe vom 06.10.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Lehrbuch Imperialismus

Zu jW vom 25.9.: »Trügerische Annäherungen«

Eine sehr aufschlussreiche Seite! Für Seminare zum heutigen Imperialismus sehr zu empfehlen. Nachdem Trump mit seinem roten Teppich für Putin in Alaska nicht erreicht hat, dass Russland von seiner Allianz mit China abrückt, nun also pure Heuchelei gegenüber der Volksrepublik und harsche Worte plus neue Waffen gegen Moskau. Gleichzeitig wollen die USA den vor fünf Jahren geräumten Stützpunkt Bagram in Afghanistan »zurück«, denn sie hätten ihn doch erbaut! Und Plaudertasche Trump gibt auch noch offen zu, dass sich das gegen China und dessen Kernwaffen richtet! Nicht auch gegen Russland? Taiwan, also das Satellitenregime in Taibei bzw. Taipeh, andererseits soll mit US-Waffen hochgerüstet werden, wiederum klar gegen die Volksrepublik, aber nun künftig alles dafür Nötige selbst bezahlen! Etwa so, wie jetzt die EU die Waffen für die Ukraine – weil es doch ein »europäischer Krieg« sei. Einzige Ausnahme von solchen »Deals«: Israel. Wenn dieser Staat alles bar bezahlen müsste, was er an tödlichen Rüstungsgütern aus den USA bekommt, käme der Frieden mit der Zweistaatenlösung schnell näher! Und das Morden könnte enden!

Volker Wirth, Berlin

Werkzeug der Repression und Befreiung

Zu jW vom 25.9.: »Digitale Repression«

Der Beitrag zeigt sehr treffend, wie Algorithmen und KI eingesetzt werden, um Meinungsfreiheit einzuschränken und linke Bewegungen zu schwächen. Besonders die Beispiele zum Shadowbanning palästinensischer Inhalte machen deutlich, wie bedrohlich diese Entwicklung ist. Dennoch wirkt manches überzeichnet: Unterdrückung ist nicht nur eine gezielte Klassenstrategie, sondern auch Ergebnis von Profitlogik, staatlichen Vorgaben und technischer Willkür. Auch andere politische Strömungen sind betroffen. Polemische Begriffe wie »digitaler Mord« verdecken hier eher die Analyse. Trotzdem: Die Warnung ist wichtig. KI darf nicht Konzernen und autoritären Staaten überlassen werden. Wir brauchen Transparenz, demokratische Kontrolle und kritisches Bewusstsein. Denn KI ist nicht nur ein Werkzeug der Repression – sie kann auch ein Werkzeug der Befreiung sein. So wie Elektrifizierung oder das frühe Internet ganze Gesellschaften prägten, hat KI das Potential, Menschen zu stärken, wenn wir lernen, sie klug und kritisch zu nutzen.

Michael Fuchs, Berlin

Katze in eigenen Schwanz gebissen

Zu jW vom 24.9.: »Nächster Aufrüstungshaushalt«

Die Finanzierung des Verteidigungsetats bezahlen die Arbeitenden mit in Zukunft immer höheren Steuern und Abgaben. Gleichzeitig wird die Rente gekürzt und das Bürgergeld auch. Da in absehbarer Zeit immer mehr Menschen in den Ruhestand wechseln werden, muss hier die Frage gestellt werden, wer dann für das so dringend benötigte Wirtschaftswachstum sorgen soll, welches ja zu großen Teilen aus den unteren bis mittleren Einkommen generiert wird. Die Lösung ist allerdings so einfach wie makaber: Wir arbeiten alle in der Rüstungsindustrie und fertigen Granaten, Bomben, Raketen, Panzer und was da sonst noch gebraucht wird, um Menschen und Infrastruktur zu töten und zu zerstören. Denn getötet wird bekanntlich auf beiden Seiten. Das würde aber schlussendlich bedeuten, dass wir für unser Einkommen bezahlen! Denn über die Steuern und Abgaben wird schließlich der Krieg finanziert. So beißt sich die Katze in den Schwanz. Das Problem ist nur: Wenn wir alle in der Rüstung arbeiten, wer produziert den Rest an Dingen, die wir brauchen? Richtig, da gibt es dann einen Antrag auf Befreiung vom Rüstungsdienst für systemrelevante wichtige Tätigkeiten. Also ab in die Fabrik und fleißig Bomben bauen!

Olaf Perau, Uelzen

Bilanz

Im Vorfeld des 3. Oktobers klärt uns die Medienwelt an dem Gedenktag der sogenannten friedlichen Revolution einmal mehr darüber auf, was die DDR für ein grauenhaftes Regime gewesen sei, wie schlimm und schrecklich das Leben in diesem Lande angeblich für Millionen war, und wie unmenschlich die Unfreiheiten, Unterdrückung, fehlende Meinungs- und Reisefreiheit, Überwachung und alles Schreckliche gewesen seien, was die Menschen zu ertragen hatten. Nach 35 Jahren könnte doch auch mal das Jetzt und Heute in seiner Wirklichkeit näher beleuchtet werden, gemessen an den Forderungen nach Menschenrechten von 1989. Warum wird das nicht getan? Warum wird verschwiegen, welche Bilanz es zu ziehen gibt, was die erlebbaren, messbaren Errungenschaften an grundlegenden sozialen Menschenrechten sind? Wann hören wir dazu etwas über die üblichen primitiven, verordneten Auftritte und »Berichte« gefallsüchtiger, dümmlicher DDR-Erinnerungs-»Aufarbeiter« hinaus?

Eine Umfrage dieser Tage teilt mit, 84 Prozent der Deutschen seien der Meinung, es gebe keine Meinungsfreiheit. Wie das, selbst wenn es nur 50 und weniger wären? Eine der wichtigsten Anklagen der »Revolutionäre« war das Fehlen der Meinungsfreiheit. Freiheit des Kapitals und Geldes hatten sie wohl 1989 nicht gemeint. Haben sie sich wachsende Armut, Tafeln, Flaschensammeln, Wohnungsnot, Minilöhne, Jobberei, unbezahlbare Energie, Mieten usw. herbeidemonstriert? Haben sie sich ein Deutschland gewünscht, das wieder weltweit bei Kriegen dabei ist und heute wieder gen Osten, den »Feind« Russland, marschieren will? (…)

Menschenrechte waren nichts anderes als das dominante Wortgebilde, um Millionen in falschem Bewusstsein gegen ihre eigenen Interessen auf die Straßen zu treiben, den Weg für die zu bahnen, die Deutschland in »Freiheit und Demokratie« regieren.

Ost und West, sie schauen sich an, sie waren und sind das Volk, nur regiert werden sie nicht von Volkes Demokratie, in Volkes Freiheit, sondern von der Macht des Kapitals, nun in Ost und West. Ost und West haben ihre Welten nur verschieden beurteilt, ohne sie gemeinsam zu verändern, in Anlehnung an Marxens elfte Feuerbach-These.

Roland Winkler, Aue

KI darf nicht Konzernen und autoritären Staaten überlassen werden. Wir brauchen Transparenz, demokratische Kontrolle und kritisches Bewusstsein.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (6. Oktober 2025 um 09:48 Uhr)
    »Im Vorfeld des 3. Oktobers klärt uns die Medienwelt an dem Gedenktag der sogenannten friedlichen Revolution einmal mehr darüber auf, was die DDR für ein grauenhaftes Regime gewesen sei, wie schlimm und schrecklich das Leben in diesem Lande angeblich für Millionen war, und wie unmenschlich die Unfreiheiten, Unterdrückung, fehlende Meinungs- und Reisefreiheit, Überwachung und alles Schreckliche gewesen seien, was die Menschen zu ertragen hatten.« Warum werden diese Parolen aus dem Wörterbuch des Antikommunismus hier so detailliert wiederholt? Wenn die Propaganda vom »Fehlen der Meinungsfreiheit« gleich zweimal erwähnt wird, sollte man zumindest darauf hinweisen, dass der sozialistische Staat Meinungsfreiheit naturgemäß anders definiert als der Staat der Bourgeoisie. Und wenn gesagt wird, dass »Millionen in falschem Bewusstsein gegen ihre eigenen Interessen« auf den Straßen unterwegs waren und damit für die »sogenannte friedliche Revolution« verantwortlich waren, dürfte Peter Hacks näher an der Wahrheit liegen: »Die Konterrevolution von 1989 wurde von wenigstens zwei sowjetischen Geheimdiensten, auch wohl von denen unterstellten Kräften im Staatssicherheitsdienst der DDR ins Werk gesetzt. Nach außen hin einberufen wurde sie von Künstlern. Zur Einberufung der Konterrevolution bequemten sich Mitglieder der Akademie der Künste der DDR, des Deutschen Theaters Berlin, des Berliner Ensembles, ferner auch des Staatsschauspiels Dresden. Kein Arbeiter, kein Bauer und kein Wirtschaftsleiter beteiligte sich an der Abschaffung des SED-Staats, freilich eine größere Anzahl von Amtsinhabern der SED.« (Peter Hacks: Zur Romantik; Eulenspiegel Verlag 2008; Berlin; S. 96. Siehe auch Wochenendbeilage jW 23.09.2023)
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (5. Oktober 2025 um 23:38 Uhr)
    In »Werkzeug der Repression und Befreiung« wird ganz schön schräg idealistisch argumentiert. Vor fünfunddreißig Jahren, als ich im Betrieb meine erste E-Mail-Adresse hatte und Suchmaschinen verfügbar waren, war die Begeisterung groß. Das »frühe Internet« hat auch nicht ganze Gesellschaften geprägt, da war eine »active community« die zwar weiterhin existiert, aber faktisch keinen Einfluss mehr hat. Von wegen KI als Werkzeug der Befreiung! Im ausgehenden Winter diesen Jahres habe ich versucht, mit KI was zu machen, Pustekuchen! Auf meinem Rechner (12 GB RAM) ist es nicht gelungen, ein Training durchzuführen. Unter 64 GB Speicher tut sich nichts, ab 128 GB könnte man leichten Erfolg haben. Von DELL gibt es Rechner, die über solche Speicher verfügen, aber leisten kann ich mir die nicht. Genausowenig die Grafikkarten, die die berühmt-berüchtigten NVIDIA-Bauteile enthalten. Man könnte es in der Cloud versuchen. Aber auch da kostet die Sache soviel Geld, dass ich es mir verkniffen habe. Der Lichtblick: DeepSeek bietet kostenlose und recht brauchbare Unterstützung (wenn mal schnell ein einfaches Python- oder perl-Skript braucht), mit Yandex kann frau kostenlos und in beliebiger Menge Dokumente übersetzen (wenn es einen vor der Sprachqualität von übersetzten PDF-Dokumenten nicht graust), die Bild-OCR-Qualität ist gut und brauchbar, wie die interaktive Übersetzung kleiner Texte (auch chinesische). Hinsichtlich der industriellen und militärischen Nutzung von KI sollte man sich aber keinen Illusionen hingen, was das emanzipative Potential dieser Softwaredisziplin angeht.

    Hier gefunden und kommentarlos zitiert www.tagesschau.de/inland/deepseek-datenschutz-102.html: »Datenschützer gegen KI-Chatbot DeepSeek droht Rauswurf aus deutschen App-Stores Stand: 27.06.2025 11:29 Uhr Der chinesische KI-Chatbot DeepSeek hat die Tech-Welt aufgemischt. Doch die Berliner Datenschutzbeauftragte sagt jetzt, die App sei rechtswidrig. DeepSeek soll aus den Stores von Apple und Google fliegen. Bessere Ergebnisse als die Konkurrenz und auch noch deutlich günstiger in der Entwicklung: Die chinesische KI-Anwendung DeepSeek sorgte Anfang des Jahres für Wirbel in der Tech-Welt. Doch Datenschützer schlugen schnell Alarm. Offenbar zu Recht: Die Berliner Datenschutzbeauftragte Meike Kamp geht jetzt gegen den KI-Chatbot vor. Kamp sieht Verstöße gegen europäisches Recht und will erreichen, dass DeepSeek aus den App-Stores von Apple und Google in Deutschland fliegt. Ihre Behörde meldete die Apps von DeepSeek bei den beiden US-Konzernen als ›rechtswidrigen Inhalt‹. Apple und Google müssen die Meldung nun ohne Verzögerung prüfen und über eine Sperrung entscheiden.«