Nächste Flotte auf Kurs
Von Pablo Flock
Während am Freitag in vielen Städten Europas zahlreiche Menschen gegen die Entführung der Crews der »Global Sumud Flotilla« durch die israelischen Streitkräfte protestierten, hat sich fast unbemerkt von der medialen Öffentlichkeit eine weitere Flotte auf den Weg gemacht. Die »Freedom Flotilla Coalition« (FFC) versucht mit zehn Schiffen ebenfalls, die völkerrechtswidrige Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen. »Wir haben keine bekannten Influencer:innen an Bord. Die Crew besteht komplett aus Fachleuten, Ärzt:innen und Pflegekräften und Fachkräften aus den meisten Bereichen der humanitären Hilfe«, berichtete Elisabeth di Luca am Sonnabend gegenüber jW von der »Conscience«, dem größten Boot der Flotte. Zwei der Boote lagen laut dem GPS-Tracker der Koalition am Sonntag mittag jedoch noch vor der griechischen Insel Kreta, während die anderen neun auf dem Breitengrad Alexandrias in internationalen Gewässern erschienen.
»Heute Abend wollen wir die rote Zone erreichen. Dann werden wir nicht mehr erreichbar sein«, verkündete di Luca zuversichtlich und meinte damit wohl den Zwölf-Meilen-Radius vor der Küste des belagerten Gazastreifens. Die meisten der Boote sind in den vergangenen Wochen von italienischen Häfen aus in See gestochen. Sie haben Kontakte vor Ort, die ihnen helfen werden, ihre Ladung aus Lebensmitteln, Medikamenten und Wasser zu verteilen. Di Luca fügte jedoch etwas resigniert hinzu: »Ich glaube aber nicht, dass das passieren wird, wenn man sich anschaut, wie die israelische Armee gerade mit den Crews der Sumud Flotilla umgesprungen ist. Und wir haben viel weniger Medienaufmerksamkeit und keine Promis mit dabei.« FFC war auch an der Sumud Flotilla beteiligt und es »fließt viel Expertise und Know-How aus der Freedom Flotilla in diesen Zusammenschluss ein. Immerhin machen wir das schon eine Weile«, so di Luca.
Während die Sumud-Flotilla erst seit diesem Jahr existiert, schickt die FFC schon seit 2010 Schiffe. Während vor 2010 auch manche der damals vom Movement to Gaza (nun auch an der Sumud beteiligt) organisierten Boote erfolgreich die seit 2007 bestehende illegale Lebensmittelrationierung und Blockade durchbrechen konnten, hatte die Freedom Flotilla wenig Erfolg. Das Hauptschiff ihrer ersten Flotte, die Mavi Marmara, wurde 2010 vom israelischen Militär überfallen. Wie alle späteren Schiffe auch wurde sie bereits in internationalen Gewässern gestoppt und die Crew entführt. »Die Conscience ist auch ein besonderes Schiff«, erklärte di Luca am Telefon, »weil das Boot mit Geldern gekauft wurde, die Israel an die Koalition zahlen musste, nachdem es 2010 bei seinem Überfall auf unsere Flotte zehn Crewmitglieder getötet hatte«. Die Conscience ist auch das Schiff, das Anfang Mai vor Malta mit Drohnen attackiert und beschädigt wurde.
Unterdessen sind 137 Aktivisten der Sumud Flotilla, die von Israel festgenommen worden waren, am Sonnabend nach ihrer Abschiebung in der Türkei angekommen. Die Aktivistin Hazwani Helmi aus Malaysia berichtete gegenüber Reuters von Misshandlungen. »Es war eine Katastrophe. Sie haben uns wie Tiere behandelt«, sagte die 28jährige und fügte hinzu, dass die Inhaftierten weder sauberes Essen noch Wasser erhalten hätten und dass ihnen Medikamente und persönliche Gegenstände weggenommen worden seien. Die Klimaaktivistin Greta Thunberg sei geschubst und gezwungen worden, eine israelische Flagge zu tragen, so Helmi. Vom Außenministerium in Westjerusalem wurde das als »dreiste Lügen« zurückgewiesen. Zuvor hatte sich der ultrarechte Polizeiminister Itamar Ben-Gvir in einem Video mit den auf dem Boden sitzenden festgenommenen Aktivisten inszeniert und sie als »Terroristen« beschimpft.
Dennoch sieht sich Di Luca in ihrem Kampf bestätigt: »Vor ein paar Jahren schickten wir immer nur wenige Boote. Jetzt werden es immer mehr.« Und je mehr es versuchten, »desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass auch mal eins durchkommt«.
Tageszeitung junge Welt am Kiosk
Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- IMAGO/Anadolu Agency04.10.2025
Das Mantra der Zweistaatenlösung
- ZUMA Press Wire/IMAGO02.10.2025
Kabinett solidarisiert sich mit Petro
- Mohammad Nazal/IMAGO27.09.2025
Alles kurz und klein geschlagen
Mehr aus: Ausland
-
Protest nach Wahl in Georgien
vom 06.10.2025 -
»Ein Konzert ist ein Akt der Kommunikation«
vom 06.10.2025 -
Comeback für Babiš
vom 06.10.2025 -
Eine Million in Rom
vom 06.10.2025 -
Der Krieg im Inneren
vom 06.10.2025 -
Marokko protestiert
vom 06.10.2025 -
Verhandlungen in Ägypten
vom 06.10.2025