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Aus: Ausgabe vom 06.10.2025, Seite 4 / Inland
Verschäfte Asylpolitik

Dobrindts »Return Hubs«

»Schärfen und Härten«: Innenminister für Lager für abgelehnte Asylsuchende außerhalb der EU
Von Kristian Stemmler
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Innenminister Dobrindt und Kollegen aus der EU am Sonnabend bei ihrem »Munich Migration Meeting«

Von den Verschärfungen der Asylpolitik profitiert bisher nur die AfD, die in Umfragen regelmäßig zulegt. Das hält Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) nicht davon ab, seine obsessive Beschäftigung mit dem Thema fortzusetzen. Am Sonnabend hatte er zum zweiten Mal Amtskollegen anderer EU-Staaten in die BRD eingeladen, um mit ihnen seine rigorosen Konzepte zur Abwehr der »illegalen Migration« zu erörtern. Im Juli hatten die Minister sich auf der Zugspitze getroffen, diesmal kam man – am letzten Wochenende des Oktoberfestes – im Hotel »Bayerischer Hof« in München zusammen. Die Minister diskutierten unter anderem über Rückführungszentren in Drittstaaten, beschleunigte Asylverfahren und eine unbefristete Abschiebehaft.

In einem Statement vor der Presse machte Dobrindt klar, dass er sich weder von rechtlichen Bedenken noch von der Kritik der Geflüchtetenorganisationen beirren lässt. Er sprach von einem »Schärfen und Härten« des GEAS, des »Gemeinsamen Europäischen Asylsystems«. Dazu gehöre die Einrichtung sogenannter Return Hubs, also Rückkehrzentren, in Drittstaaten außerhalb der EU. In diese sollen abgelehnte Asylsuchende abgeschoben werden, deren Herkunftsländer eine Wiederaufnahme verweigern. »Wir befinden uns am Anfang eines Prozesses«, so der Minister. Er sei im Gespräch mit der EU-Kommission und anderen EU-Staaten, die sich dem Vorhaben anschließen wollten.

Bisher waren entsprechende Bemühungen von EU-Ländern nicht von Erfolg gekrönt. So stieß eine von Italien geplante Unterbringung von Asylsuchenden in Albanien auf juristischen Widerstand. Zuletzt waren in den Niederlanden Regierungspläne zur Abschiebung von Asylsuchenden nach Uganda bekanntgeworden. »Wir werden sehen, ob die Initiative der Niederländer eine ist, die man unterstützen kann«, sagte Dobrindt. Um in der Sache voranzukommen, sei es jetzt wichtig, »dass wir die juristischen Möglichkeiten auf europäischer Ebene schaffen«.

Deutschland sei einer der Treiber bei der »Migrationswende« in Europa, erklärte Dobrindt mit unverhohlenem Stolz. Der »Druck« in Sachen Migration sei hier wie in allen Nachbarländern nach wie vor hoch, auch wenn niedrigere Zahlen als in den vergangenen Jahren erkennbar seien, behauptete der Innenminister. In der BRD sei die »illegale Migration« durch die Maßnahmen der »schwarz-roten« Regierung wie das Aussetzen des Familiennachzugs aber bereits um etwa 60 Prozent reduziert worden.

Die Minister diskutierten in München auch über eine Beschleunigung der Asylverfahren. Wenn ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt worden sei, sollten Widersprüche und Klagen keine aufschiebende Wirkung mehr haben, so Dobrindt. Im Verfahren könnten digitale Übersetzungshilfen mit künstlicher Intelligenz zum Einsatz kommen. Die Suche nach Dolmetschern verzögere bisher oft die Durchführung von Asylverfahren, erklärte der CSU-Politiker. Ein weiterer Vorschlag Dobrindts: Ausreisepflichtige Straftäter und »Gefährder« sollen künftig unbefristet in Abschiebehaft kommen.

Von EU-Migrationskommissar Magnus Brunner kam Unterstützung für Dobrindts Pläne, was nicht überrascht, da er der österreichischen Schwesterpartei der Union angehört, der ÖVP. Es sei wichtig, dass Deutschland bei dem Thema weiter Druck mache, betonte er. Es sei nicht akzeptabel, dass aktuell nur eine von fünf ausreisepflichtigen Personen Europa wirklich auch verlasse. Inhaltliche Aussagen der anderen Minister gab es keine, auch ein gemeinsames Abschlusspapier lieferte das Arbeitstreffen nicht.

Dobrindt hatte die zuständigen Minister mehrerer europäischer Staaten nach München eingeladen. Vertreten waren nach deutschen Angaben Belgien, Dänemark, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Schweden und die Schweiz. Frankreich hatte unter Verweis auf die laufende Regierungsbildung die Teilnahme abgesagt. Begleitet wurde das Treffen in München von lauten Protesten.

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