Italien macht ernst
Von Mawuena MartensAls Reaktion auf die gewaltsame Kaperung der Gaza-Hilfsflotte »Global Sumud Flotilla« durch das israelische Militär sind am Freitag überall in Italien Hunderttausende auf die Straßen gegangen. Allein in der Hauptstadt Rom waren es nach Angaben der Organisatoren 300.000 Menschen. In mehreren Städten blockierten Demonstranten Bahnhöfe und Autobahnen – und stießen dabei auf Zustimmung. So etwa in Brescia, wo Autofahrer in Solidarität hupten und applaudierten.
Auch ein landesweiter Streik, ausgerufen vom Gewerkschaftsverband CGIL sowie von der Basisgewerkschaft USB, führte zu Einschränkungen im Nah- und Fernverkehr. In Genua und Neapel wurden die Zugänge der Häfen blockiert. »Zehntausende Menschen auf der Straße für den Generalstreik für Palästina – das ist ein riesiger Erfolg. Und der Beweis, dass ein Großteil der Bevölkerung das tut, was unsere Regierung seit zwei Jahren nicht wagt – nämlich gegen den Völkermord zu kämpfen«, zeigte sich Giuliano Granato, Sprecher der linken Partei Potere al Popolo, bei einer Demonstration erfreut. Doch nicht nur in Italien auch weltweit kam es nach Bekanntwerden der Ereignisse zu Protesten. In Spanien berief die Regierung den israelischen Geschäftsträger ein.
Am Mittwoch abend hatte das israelische Militär begonnen, Boote der Hilfsflotte zu entern und deren Besatzung völkerrechtswidrig nach Israel zu entführen. Am Freitag morgen wurde auch das letzte Boot, die »Marinette«, etwa 80 Kilometer vor der Küste des Gazastreifens von israelischen Soldaten gestoppt. Der israelische Armeerundfunk berichtete, die Marine habe die Kontrolle über das Schiff übernommen und die Menschen an Bord festgenommen. Das Schiff sei in den israelischen Hafen Aschdod gebracht worden. Laut Aussagen des israelischen Außenministeriums seien vier Aktivisten bereits abgeschoben, die Abschiebung der übrigen sei eingeleitet worden. Insgesamt 461 Aktivisten aus 47 verschiedenen Ländern waren im August in See gestochen, um die Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen. An Bord der 42 Boote: Lebensmittel, Medikamente und medizinische Ausrüstung für die hungernde Zivilbevölkerung Gazas.
Die Organisatoren der Hilfsflotte erklärten in einer Pressemitteilung am Donnerstag, die Boote seien »mit Wasserwerfern angegriffen, mit stinkendem Wasser bespritzt und ihre Kommunikationswege systematisch gestört worden – ein weiterer Akt der Aggression gegen unbewaffnete Zivilisten«. Anwälte, die die Teilnehmer vertreten, seien unzureichend von den israelischen Behörden informiert worden. Und weiter: »Dies ist eine rechtswidrige Entführung, die einen direkten Verstoß gegen das Völkerrecht und die grundlegenden Menschenrechte darstellt. Das Abfangen humanitärer Schiffe in internationalen Gewässern ist ein Kriegsverbrechen; die Verweigerung von Rechtsbeistand und die Verschleierung des Schicksals der Festgenommenen verschärfen dieses Verbrechen.«
Israel hält seit 2007 eine Seeblockade des Küstenstreifens aufrecht. Bei einem Versuch, diese zu durchbrechen, waren im Jahr 2010 neun Aktivisten durch israelische Soldaten getötet worden. Bereits im Juni dieses Jahres hatten israelische Marineeinheiten zwölf Besatzungsmitglieder eines Schiffes festgenommen, als diese sich dem Gazastreifen näherten.
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