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Aus: Ausgabe vom 02.10.2025, Seite 5 / Inland
Stahlindustrie

Stahltarif unter Inflation

IG Metall und Kapitalverband einigen sich in vierter Gesprächsrunde. Einen Ausgleich der Teuerung erreicht der Abschluss nicht
Von David Maiwald
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Forderungen richtet die IG Metall in erster Linie an die Politik, nicht an die Stahlkonzerne

Nun steht ein Tarifabschluss in der Stahlindustrie, vorerst für den Nordwesten der BRD. Die IG Metall und der Kapitalverband Stahl einigten sich in der Nacht zum Mittwoch, nachdem die Friedenspflicht in der Branche gerade ausgelaufen war und Warnstreikaktionen der Gewerkschaft möglich geworden wären. So konnte IGM-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner zur Gesprächsrunde im Bundesfinanzministerium eine befriedete Stahlbelegschaft melden. Die Runde von Gewerkschaft und Betriebsräten mit Finanzminister Lars Klingbeil, Arbeitsministerin Bärbel Bas (beide SPD) und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sollte als Vorbereitung für den »Stahlgipfel« von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) dienen.

Mit dem nun getroffenen Verhandlungsergebnis erhalten die Stahlbeschäftigten ab Januar 2026 1,75 Prozent mehr Geld. Der Vertrag soll dann bis zum Jahresende, also 15 Monate, laufen. Die IG Metall war nicht mit einer bezifferten Forderung in die Tarifrunde gegangen, sondern hatte an die »Verantwortung« der Unternehmen appelliert, zumindest die Inflation für die Beschäftigten auszugleichen. Damit war sie, angesichts einer aktuellen Inflation von 2,4 Prozent und drei Nullmonaten nicht erfolgreich. Die Stahlverbände hatten zunächst nur eine Einmalzahlung von 500 Euro angeboten, zuletzt dann 1,2 Prozent Erhöhung über 16 Monate Laufzeit. Das Angebot habe die »Kernforderung nach einer Reallohnsicherung« nicht erfüllt, hatte die IG Metall da noch erklärt.

IG-Metall-Verhandlungsführer und -Bezirksleiter Knut Giesler hatte sich daher vor der vierten Gesprächsrunde enttäuscht gezeigt. Die »ausgestreckte Hand zur Einigung wurde nicht angenommen«, kritisierte er. Das Vertrauen in die Verhandlungsbereitschaft der Gegenseite werde »bei den Beschäftigten massiv erschüttert«. Auch Mike Schürg vom verhandelnden IG-Metall-Bezirk Nordrhein-Westfalen erklärte sich im jW-Gespräch am Mittwoch »überrascht, dass wir vier Verhandlungsrunden gebraucht haben«. Man sei angesichts der Lage in der Stahlbranche in die Tarifrunde gegangen, »um schnell Sicherheit für die Beschäftigten und Sicherheit für die Unternehmen zu schaffen, damit wir uns um die politischen Fragen kümmern können«, so Schürg.

»Die Beschäftigten erwarten Lösungen von der Politik«, behauptete auch IGM-Vorstand Jürgen Kerner am Mittwoch gegenüber dpa und meinte damit vor allem Verbesserungen für die Konzerne: Es brauche wirksamen »Außenhandelsschutz in Form von neuen, verschärften Handelsschutzinstrumenten (…), verbindliche Quoten, Pflichten und Auflagen«. Spätestens zum Jahreswechsel müsse ein Industriestrompreis von maximal fünf Cent pro Kilowattstunde eingeführt werden. EU-Industriekommissar Stéphane Séjourné sprang ihm mit der Ankündigung bei, die EU wolle die Menge an zollfreien Stahlimporten »nahezu halbieren«.

Man habe das Ziel des Inflationsausgleichs »nicht hundertprozentig erreicht«, dafür seien Verträge zur Beschäftigungssicherung sowie zu Werkverträgen und Altersteilzeit aber verlängert worden. Tarifverhandlungen seien schließlich immer »ein Kompromiss, bei dem auch beide Seiten mit der Faust in der Tasche rausgehen können«, erklärte der Gewerkschafter. Es gebe Regelungen etwa zur Übernahme von Auszubildenden und die Möglichkeit zur Arbeitszeitreduzierung auf bis zu 28 Stunden mit einem »Teilentgeltausgleich«, erklärte Schürg.

»Zum Glück haben sich am Ende alle ihrer Verantwortung gestellt«, wurde Verhandlungsführer Knut Giesler am Mittwoch in einer Mitteilung zitiert. Mit der Erhöhung erhält die unterste Gruppe in der Lohntabelle nun etwa 485 Euro mehr Jahresgehalt. In der obersten Gruppe sind es etwas mehr als 700 Euro in zwölf Monaten. Auszubildende würden mit 75 Euro monatlich nun aber eine »überproportionale« Steigerung erhalten, so die IG Metall.

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