Orkan legt Toyota Brasil lahm
Von Norbert Suchanek, Rio de Janeiro
Dieses Gewitter hatte es in sich. Mit schweren Folgen für einen Konzern und seine Beschäftigten. Am Montag vergangener Woche fegte ein Sturm mit Windgeschwindigkeiten von rund 90 Kilometern pro Stunde über Porto Feliz im südostbrasilianischen Bundesstaat São Paulo. Das gesamte Dach der dortigen Toyota-Motorenfabrik hebelte der Orkan aus. Heftige Regenfälle vernichteten in der Folge große Teile des Werks. Laut Berichten der Gewerkschaft Sindicato dos Trabalhadores Metalúrgicos de Itu erlitten zudem 30 Mitarbeiter Verletzungen, glücklicherweise nur leichte. Grund: Die Dachkonstruktion der Fabrik war nur für laue Lüftchen ausgelegt, nicht aber für Extremwetter. Dabei warnen Klimaforscher seit Jahren vor häufigeren und heftigeren Stürmen, ausgelöst durch die globale Erwärmung, sie erreichen gar Hurrikanstärke in Süd- und Südostbrasilien.
Das Werk von Porto Feliz produzierte Benzin- und Ethanolmotoren für zwei weitere Toyota-Autofabriken in Sorocaba und Indaiatuba im selben Bundesstaat. Der japanische Konzern muss nun deshalb mindestens bis Ende 2025 die gesamte Produktion von rund 25.000 Fahrzeugen in Brasilien einstellen. In einer Pressemitteilung kündigte Toyota Brasil an, das Werk in Porto Feliz so rasch wie möglich wieder aufzubauen und die Motorenproduktion 2026 wieder aufzunehmen. Außerdem erwägt das Unternehmen, benötigte Aggregate vorerst zu importieren, um die Situation in der Endfertigung zu entschärfen. Toyota wolle zwar die meisten Arbeitsplätze von Porto Feliz sowie in Sorocaba und Indaiatuba erhalten, dennoch werden wohl viele ihren Job verlieren. Insgesamt beschäftigt der Autobauer in seinen drei Werken rund 7.000 Mitarbeiter.
Am Sonntag stimmten nun die Arbeiter des Toyota-Werks in Sorocaba den vom Konzern vorgeschlagenen Notfallplan und Entlassungen mit Gehaltsfortzahlung zu, die ab dem 21. Oktober umgesetzt werden. Angaben der Metallarbeitergewerkschaft zufolge garantiere Toyota den Beschäftigten des Sorocaba-Werks 100 Prozent ihres Lohns für einen Zeitraum von bis zu 150 Tagen. Zudem gehen alle Mitarbeiter ab dem 1. Oktober für 20 Tage in den Zwangsurlaub. Der Vorschlag wurde von rund 96 Prozent der 4.492 stimmberechtigten Beschäftigten angenommen. Die Gewerkschaft machte keine Angaben dazu, wie viele Arbeiter insgesamt von Entlassung betroffen sind.
»Unser Ziel war es immer, Arbeitsplätze, Löhne und Rechte zu bewahren und den Sektor zu stärken, damit wir die Herausforderungen der Krise gemeinsam bewältigen können«, sagte Silvio Ferreira, Generalsekretär der Gewerkschaft, in einer Pressekonferenz. Am Montag stimmten auch die Beschäftigten des Toyota-Autobauers in Indaiatuba dem Notfallplan zu.
Im Vorfeld der UN-Klimaschutzkonferenz kommenden November in Belém am Amazonas scheint die Vernichtung des Toyota-Motorenwerks wie eine Prophezeiung. Aufgrund der globalen Erwärmung hat Brasilien laut Klimaforschern in den kommenden Jahren noch weit schlimmere Wetterkatastrophen zu erwarten. Das Motorenwerk in Porto Feliz wurde erst 2016 auf 872.500 Quadratmetern Fläche eingeweiht. Es hatte den Autobauer rund 100 Millionen Euro gekostet.
Laut Toyota wurde die Struktur dabei flexibel konzipiert, um eine Erweiterung entsprechend der Kundennachfrage zu ermöglichen. Das Werk verfüge über die modernste und innovativste Produktionstechnologie, habe einen hohen Grad an Automatisierung. Als »eines der modernsten Motorenwerke der Marke weltweit« bezeichnete es damals Toyotas brasilianischer Vizepräsident Miguel Fonseca.
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